Düsseldorf. Kampfeswillen zu zeigen, ist nicht das Problem der SPD. Nach dem für sie niederschmetternden Europawahlergebnis in NRW (SPD: 25,6 Prozent, CDU: 38) richtet SPD-Landeschefin Hannelore Kraft den Blick nach vorn.

In zehn Wochen sind Kommunalwahlen in NRW. Für Trauerarbeit bleibt da keine Zeit. Drei „Herausforderer” präsentiert Kraft am Freitag im Düsseldorfer Landtag. Drei ihrer „starken Typen”, mit denen die SPD an die CDU verlorene Obermeisterbüros zurückerobern will.

Derzeit sitzen im ehemaligen SPD-Stammland nur noch in 13 von 23 Großstädten Sozialdemokraten auf dem Thron. In Aachen, Bochum, Bonn, Bottrop, Dortmund, Gelsenkirchen, Hagen, Herne, Leverkusen, Mülheim, Mönchengladbach, Oberhausen und Remscheid. Die CDU regiert in Bielefeld, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Hamm, Köln, Krefeld, Münster, Solingen und Wuppertal.

Stimmungswende

Während die CDU nach der Europawahl – sie holte in 16 von 23 Großstädten mehr Stimmen als die SPD – sogar Hoffnung schöpft, dass sie am 30. August die Zahl ihrer OB steigern kann, gibt Kraft die Parole aus: „Wir werden versuchen, alles zurückzuholen.”

Dazu sollen beispielhaft Jürgen C. Brandt aus Duisburg, Jürgen Roters aus Köln und Peter Clausen aus Bielefeld stehen. Mit Fleiß und einem Wahlprogramm, das im Kern mehr Arbeit, Bildung und Gerechtigkeit verspricht, wollen die SPD-OB-Kandidaten die Stimmungswende schaffen, die der Partei in Bund und Land nicht recht gelingen will.

Mehr als 950 Wahlkampftermine hat Brandt in Duisburg schon absolviert. Er räumt ein, es sei immer noch die Agenda 2010, für die er sich rechtfertigen muss. Fast genauso oft höre er Klagen über die (mit dem Namen Müntefering verbundene) Heraufsetzung des Rentenalters auf 67. Brandt: „Erst wenn ich den Schutt weggeräumt habe, komme ich zur Kommunalpolitik, mit der ich punkten kann.” Für ihn ein schwacher Trost: Schon 25 Prozent Zustimmung könnten dem Rechtsanwalt reichen, um „Konzernchef der Stadt Duisburg” (Brandt) zu werden, denn in Dusiburg treten noch elf weitere OB-Kandidaten an.

Kämpfen statt kuscheln

Roters sieht für sich in Köln vor allem deshalb hervorragende Chancen, weil er nach der Rückzugsankündigung von OB-Amtsinhaber Jürgen Schramma (CDU) im Zuge der U-Bahn-Affäre die Union in „etwas desolatem Zustand” erlebt. In Bielefeld fühlt sich Clausen stark, weil er „eher als Persönlichkeit gefragt wird”.

„Man muss glaubwürdig bleiben, kann nicht Wahlkampf gegen die eigene Partei machen”, warnt Roters davor, zu sehr auf Distanz zu den der Bundes-SPD anheftenden Altlasten zu gehen. „Schließlich bleibe ich Sozialdemokrat”, sagt der Kölner, der einer der wenigen SPD-Kandidaten mit Grünen-Unterstützung ist.

Seltener als früher dienen sich die kleinen Parteien den OB-Kandidaten von CDU oder SPD als Steigbügelhalter an. Grünen-Landesvorsitzender Arndt Klocke sieht seine Partei nicht mehr als „natürlichen Partner” der SPD. Und NRW-FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagt: „Wir werden nicht wahlkuscheln, sondern wahlkämpfen.”