Berlin. .

Mit starken Worten hat sich der frühere Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin in die Integrations-Debatte um Islam und Christenentum eingeschaltet. In einem Medienbericht wirft der Provokateur unter anderem Bundespräsident Wulff „Harmonie-Kitsch“ vor.

Der frühere Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) greift in der Islamdebatte jetzt Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. „Es ist falsch zu sagen, dass der Islam zu Deutschland gehört“, sagte Sarrazin der „Bild am Sonntag“ laut Vorabmeldung. Die deutsche Kultur sei weitgehend ohne Bezug auf den Islam entstanden. Dass in Deutschland Millionen muslimische Mitbürger leben, ändere daran nichts.

Sarrazin hatte im Sommer mit scharfen Kritik an einer mangelnden Integrationsbereitschaft muslimischer Einwanderer die aktuelle Integrationsdebatte ausgelöst. Nach breiter öffentlicher Empörung über seine Äußerungen zu einem „gemeinsamen Gen“ aller Juden und einer angeblich erblichen Dummheit von Muslimen zog sich Sarrazin im September aus dem Vorstand der Bundesbank zurück.

Wulffs „Harmonie-Kitsch-Sauce“ in der Türkei

Scharf kritisierte Sarrazin das Verhalten von Bundespräsident Wulff während dessen jüngsten Türkei-Besuchs. Wulff habe über die „nicht sehr erfreulichen Zustände“ für Christen in der Türkei eine „Harmonie-Kitsch-Sauce gegossen“. Es sollte nicht vergessen werden, dass der Anteil der Christen in dem Land seit 1914 von 25 Prozent auf heute gerade noch 0,2 Prozent gesunken sei. Und an der deutschen Schule in Istanbul sei der Deutschunterricht in den unteren Klassen verboten.

Seinen Gegner hielt Sarrazin erneut vor, ihn bewusst falsch zu interpretieren und an den öffentlichen Pranger zu stellen. „Manchmal habe ich den Eindruck, wir sind auf dem Weg in die Duckmäuser-Republik“, sagte der umstrittene Sozialdemokrat und versicherte, nicht er habe Streit angefangen, sondern schwierige Sachverhalte nur schlüssig dargelegt und unangenehme Wahrheiten ausgesprochen.

Ausschluss aus SPD noch nicht beantragt

Der Ex-Bundesbankvorstand hat mit seinem umstrittenen Buch „Deutschland schafft sich ab“ unterdessen einen Verkaufsrekord gebrochen. Es sei inzwischen das meistverkaufte Politik-Sachbuch eines deutschen Autors des Jahrzehnts, teilte Media Control jetzt in Baden-Baden mit. Das habe eine Sonderauswertung des Unternehmens ergeben. Konkrete Verkaufszahlen könnten aber aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht genannt werden. Sarrazins Ende August erschienener Titel verkaufte sich den Angaben zufolge bis jetzt schon häufiger als der Bestseller „Außer Dienst“ von Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Bei den politischen Sachbüchern seit 2000 insgesamt landet Sarrazin hinter Michael Moores „Stupid White Men“ an zweiter Stelle.

Mit Blick auf seine Zukunft in der SPD erklärte Sarrazin gegenüber „Bild am Sonntag“, es sei hoch kein SPD-Ausschlussverfahren eingeleitet worden: „Es gibt bisher keinen Ausschlussantrag gegen mich. Zwei Monate haben nicht ausgereicht, um eine schlüssige Ausschluss-Begründung zusammenzustellen. Es gibt bisher nur politische Absichtserklärungen.“ (dapd)