Berlin. .

Wegen des Bombenfundes sind alle Paketlieferungen aus Jemen nach Deutschland gestoppt worden. Innenminister Thomas de Maizière sprach aufgrund des Vorfalls von Schwachstellen im Sicherheitssystem.

Eines der im Jemen aufgegebenen Sprengstoffpakete für die USA ist in Deutschland umgeladen worden, ohne dass die Behörden es stoppen konnten. Dies bestätigte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Sonntag in Dresden. Nach seinen Angaben wurde inzwischen die gesamte Luftfracht aus dem Jemen nach Deutschland gestoppt, und die Behörden suchen nun nach Schwachstellen im System.

„Wir nehmen den Vorgang ernst, auch wenn Deutschland wohl nicht Anschlagsziel war“, sagte der Minister. Deutsche Behörden seien in der Nacht zum Freitag von einem befreundeten Geheimdienst auf das Luftfrachtpäckchen mit dem Sprengstoff hingewiesen worden. Obwohl das Bundeskriminalamt nach seinen Angaben die in Köln umgeladene Sendung aufspürte, konnte sie nicht mehr gestoppt werden. Das Paket hatte den Angaben zufolge bereits eine halbe Stunde zuvor Deutschland wieder in Richtung Großbritannien verlassen.

Per Passagierflugzeug von Sanaa über Doha nach Dubai

„Dass der Umschlagsort Deutschland war, kann uns nicht ruhig stellen“, sagte de Maizière. Als Konsequenzen nannte er neben der Absage seines für Sonntag geplanten Israel-Besuchs den Stopp aller Frachtgüter für Deutschland aus dem Jemen. Er selbst werde sich an einem der Frachtflughäfen über die Abläufe informieren.

Die in Dubai gefundene Paketbombe wurde an Bord von zwei Passagierflugzeugen transportiert. Ein Sprecher der Fluggesellschaft Qatar Airways erklärte am Sonntag, das Paket sei zunächst von der jemenitischen Hauptstadt Sanaa nach Doha in Katar geflogen worden. Von dort sei es weiter nach Dubai gebracht worden, wo es von den Behörden sichergestellt wurde. Der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater der USA, John Brennan, erklärte, möglicherweise gebe es weitere Paketbomben wie die in Dubai und London gefundenen.

Der vereitelte Anschlagsplan deute auf den Al-Kaida-Ableger im Jemen hin, sagte Brennan. „Sie sind eine gefährliche Gruppe. Sie sind eine entschlossene Gruppe“, sagte er dem Sender NBC. „Sie werden versuchen, Schwachstellen im System zu finden.“ Zudem wäre es unklug, davon auszugehen, dass es keine weiteren Paketbomben gebe.

Jemenitische Informatikstudentin als Verdächtige festgenommen

Hinter den Paketbomben wird die gleiche Gruppe von Terroristen vermutet, die auch schon im vergangenen Jahr an Weihnachten einen Anschlag auf ein Flugzeug in den USA versuchte. Auch dabei wurde der Industriesprengstoff PETN verwendet, der jetzt in den beiden sichergestellten Paketen entdeckt wurde. Aus US-Regierungskreisen verlautete, in beiden Fällen gelte Ibrahim Hassan al-Asiri als möglicher Bombenbauer.

Die jemenitischen Sicherheitsbehörden nahmen inzwischen eine Frau fest, die in Verdacht steht, die beiden Paketbomben aufgegeben zu haben. Die 22-Jährige studiert Informatik in Sanaa, von Kontakten zu extremistischen Gruppen ist nichts bekannt. Auch ihre Mutter wurde festgenommen, nach weiteren Verdächtigen, die Verbindungen zur Terrorgruppe Al-Kaida haben sollen, wurde gefahndet. Hinweise dazu seien aus den USA und den Vereinigten Arabischen Emirate gekommen, erklärte der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh. In Sanaa wurden 24 weitere verdächtige Pakete entdeckt. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, wurden Frachtarbeiter auf dem Flughafen sowie Mitarbeiter örtlicher Frachtfirmen befragt.

Der britische Premierminister David Cameron erklärte, er glaube, dass die Bombe, die in England gefunden wurde, an Bord des Flugzeugs explodieren sollte. Wie Innenministerin Theresa May sagte, wäre sie auch stark genug gewesen, die Maschine zum Absturz zu bringen. Das gleiche gilt nach US-Angaben für die Bombe, die in Dubai sichergestellt wurde. Unklar war aber noch, ob die mit Handys, Zeitzündern und Batterien verdrahteten Bomben auch tatsächlich in den Flugzeugen hätten ferngezündet werden können, wenn diese in der Luft sind.

Entscheidender Tipp aus Saudi Arabien

Der entscheidende Tipp für den Sprengstofffund kam aus saudiarabischen Geheimdienstkreisen, wie aus Washington verlautete. Sicherheitsberater Brennan dankte in einer offiziellen Erklärung Saudi-Arabien sowie Großbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten für die geleistete Hilfe bei der Bewältigung der Gefahr.

Experten wiesen auf enorme Sicherheitsmängel bei der Frachtabfertigung an den Flughäfen hin. Besonders Frachtpakete, die von Passagiermaschinen befördert werden, würden oft nur wenig oder gar nicht überprüft. Die Gefahren seien seit Jahren bekannt, durch die vereitelten Terroranschläge seien sie nur wieder offengelegt worden, hieß es. Eine besondere Schwachstelle sei, dass Fluggesellschaften, die regelmäßig mit Frachtgesellschaften arbeiteten, auch Pakete befördern dürften, die als sicher deklariert sind, aber keinen weiteren Untersuchungen unterzogen würden.

Inzwischen wurde bekannt, dass die in Großbritannien entdeckte Bombe den Fahndern fast durch die Lappen gegangen wäre. Die Sicherheitskräfte hatten ihre sechsstündige Suche nach dem verdächtigen Paket bereits erfolglos beendet, als eine Nachricht über den Bombenfund in Dubai eintraf, sagte der britische Flugsicherheitsberater Chris Yates. Daraufhin sei die Frachtmaschine erneut durchsucht worden - diesmal erfolgreich. (dapd)