Recklinghausen. .
Bundeskanzlerin Merkel hat sich beim Bundeskongress der Senioren-Union in der Recklinghauser Festspielhalle in einer knapp 40-minütigen Standpauke eine Klientel nach der anderen vorgenommen. Das Signal ist deutlich: Ich will jetzt kämpfen.
Am 26. Oktober 2009, vor genau einem Jahr, unterzeichnete die schwarz-gelbe Koalition in Berlin ihren Regierungsvertrag. Die Töne bei der kleinen Feier in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung waren eher gedämpft. Es klang nach Weiter so. Es kam ein Weiter so. Hat sich die Kanzlerin jetzt des Besseren besonnen?
Als sie sich am heutigen Dienstag beim Bundeskongress der Senioren-Union in der Recklinghauser Festspielhalle in einer knapp 40-minütigen Standpauke eine Klientel nach der anderen vornahm, war das Signal deutlich: Ich will jetzt kämpfen.
Unterstützung für Guttenberg
Reformen will sie eine nach der anderen durchsetzen. Die der Bundeswehrstruktur, die der Integration von Migranten und die des Gesundheitssystems nannte sie explizit.
Zur äußeren Sicherheit. Die Bundeswehr sei Kernbestand des christdemokratischen Denkens. Das bleibe so. „Aber wie das passiert, kann sich wandeln“, gab sie ihrem Verteidigungsminister Deckung bei der Ansicht, die Wehrpflicht auszusetzen.
Zur Integration. „Ich bin dafür, über misslungene Integration zu sprechen. Aber eines ist klar: Unsere Gesetze und unsere Verfassung gelten und in Deutschland wird Deutsch gesprochen“.
Zur Gesundheit. Sie sei „Herzstück des Sozialstaats. Aber die medizinischen Möglichkeiten nehmen zu. Alle sollen daran teilhaben. Das Gesundheitssystem wird nicht billiger“. Auch hier: Zum angedachten Umbau gebe es deshalb keine Alternative.
„Arbeit für alle ist möglich“
Vor allem will sich die Regierungschefin der Front Arbeitsmarkt widmen. Angespornt hat sie ein Erfolg, den sie auch „der Politik“, auch ihrer eigenen, zurechnet: 2005 lag die Zahl der Arbeitslosen bei fünf Millionen, noch in dieser Woche werde wohl die „die gute Nachricht“ kommen: Das Absinken unter die Drei-Millionen-Grenze. Auch drei Millionen seien noch zu viel. „Aber Arbeit für alle ist möglich“, sagt Merkel jetzt. „Die, die arbeiten wollen, sollen die Möglichkeit haben“. Zum Beispiel in der Pflege. Wenn hier dringend Kräfte gebraucht würden, „sollen eben Hartz IV-Empfänger dafür qualifiziert werden, bevor Fachkräfte aus dem Ausland geholt werden“.
Sie analysiert: Die drei Millionen Arbeitslose teilen sich in zwei Hauptgruppen: „Die alleinerziehenden Mütter und die Menschen über 50“. Das erbost sie. Die Kanzlerin greift hier die Arbeitgeber an: „Wer den über 50-jährigen keine Chance gibt, soll nicht über einen Fachkräftemangel klagen. Die Wirtschaft hat die Pflicht, ihren Beitrag zu leisten. Wenn es zum guten Ton der Wirtschaft gehört, über 50-jährige nicht einzustellen, dann werden wir uns damit nicht abfinden“. Frankreich erwähnt sie zwar keinem Wort. Aber die Rente mit 67 verteidigt sie vor diesem Hintergrund bewusst. „Das ist Zukunftssicherung“.
Die Älteren unter ihren Parteimitgliedern, denen sie am Dienstag so ins Gewissen redete, hat sie geraten, den Jüngeren vom Aufbau des Landes zu erzählen. Als Vorbild.