Berlin. Der Bunderat zeigte sich am Freitag entscheidungsfreudig: Es gibt die höchste Rentenerhöhung seit mehr als zehn Jahren. Kinder sollen besser vor Sexualstraftätern geschützt werden. Mehr Fördergelder für die Abwrackprämie wurden auch beschlossen. Lesen Sie mehr über den spendablen Rat.
Höchste Rentenerhöhung seit mehr als zehn Jahren
Trotz der Wirtschaftskrise hat der Bundesrat einer Rentenerhöhung zugestimmt. Die Renten sollen zum 1. Juli im Westen um 2,41 Prozent steigen, im Osten um 3,38 Prozent. Es handelt sich um die höchste Rentenerhöhung seit mehr als zehn Jahren. Für die gesetzliche Rentenversicherung bedeutet die Erhöhung Mehrkosten in Höhe von rund drei Milliarden Euro. Ab dem Jahr 2010 ergeben sich für die gesetzliche Rentenversicherung pro Jahr Mehraufwendungen von rund 6,1 Milliarden Euro.
Besserer Schutz vor Sexulstraftätern
Kinder und Jugendliche sollen besser vor Sexualstraftätern geschützt werden. Der Bundesrat ließ ein Gesetz passieren, das künftig von Beschäftigten in kinder- und jugendnahen Bereichen ein erweitertes Führungszeugnis verlangt, also etwa von Angestellten in Kindergärten oder Jugendämtern.
Darin soll es mehr als bisher Eintragungen zu einschlägigen Vorstrafen geben - auch bei geringerer Schuld. Bisher werden erstmalige Verurteilungen zu Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten im Führungszeugnis nicht erfasst. Eine Ausnahme bilden bestimmte schwere Sexualdelikte wie zum Beispiel sexueller Missbrauch oder Vergewaltigung. Dies soll nun auf alle Sexualstraftaten ausgedehnt werden.
Mittel für Abwrackprämie erhöht
Zur Stärkung der Automobilbranche werden die Fördergelder für die Abwrackprämie um 3,5 Milliarden Euro auf fünf Milliarden Euro erhöht. Das bisher veranschlagte Finanzvolumen von 1,5 Milliarden Euro ist bereits überschritten. Für alle Anträge bis zum 31. Dezember 2009 gilt grundsätzlich eine Frist von sechs Monaten, innerhalb derer das Neufahrzeug zugelassen sein muss. Die Neuregelung sieht nun allerdings vor, dass für einige besonders nachgefragte Pkw-Typen diese Frist auf neun Monate verlängert wird. Spätester Zeitpunkt für die Zulassung eines Neuwagens bleibt aber der 30. Juni 2010.
Sparer künftig besser bei Bankpleiten geschützt
Das Geld von Sparern ist bei der Pleite einer Bank künftig deutlich besser geschützt. Der Bundesrat stimmte der Erhöhung der gesetzlichen Einlagensicherung zu. Demnach garantieren die Entschädigungseinrichtungen ab Juli Einlagen wie Sparguthaben, Tages- oder Festgelder bis zu einer Höhe von 50.000 Euro. Ab 2011 ist sogar eine Haftungsgrenze von 100.000 Euro vorgesehen. Bislang erstatten die Entschädigungseinrichtungen höchstens 20.000 Euro.
Ein Zehntel des Verlustes bei einer Pleite trägt der Sparer bis heute noch selbst. Mit der Gesetzesänderung wird dieser Selbstbehalt abgeschafft. Bankkunden bekommen bei der Pleite ihres Kreditinstituts ihr Geld demnach in Zukunft in voller Höhe erstattet und nicht nur zu 90 Prozent.
Schnelles Internet auch in ländlichen Bereichen
Der Weg ist frei die Versorgung ländlicher Bereiche mit leistungsfähigen Breitbandanschlüssen. Mit der Entscheidung, dass durch die Digitalisierung des Fernsehens frei werdende Frequenzen für die Internetversorgung genutzt werden können, erhalte die Industrie jetzt Planungssicherheit und könne investieren. Das erklärte das Bundeswirtschaftsministerium nach der Entscheidung des Bundesrates. Bund und Länder einigten sich zuvor auf die Übernahme der Kosten, die sich aus der Umstellung der Frequenzbereiche ergeben.
Ausbau von Stromnetzen wird beschleunigt
Die deutschen Stromnetze sollen schneller ausgebaut werden können. Der Bundesrat stimmte einem Gesetz zu, mit dem die Planungs- und Genehmigungsverfahren für 24 wichtige Vorhaben beschleunigt werden können. Außerdem sollen mit dem Gesetz auch der Bau und die Verlegung von Hochspannungsleitungen unter die Erde forciert werden.
Anwohner hatten zuletzt verstärkt gegen den Ausbau von Stromleitungen protestiert und gefordert, die Kabel unter der Erde zu verlegen. Das Bundeswirtschaftsministerium und der Branchenverband BDEW warnen allerdings vor höheren Kosten und höheren Strompreisen durch unterirdische Leitungen.
Einspruch gegen Absenkung der Biokraftstoff-Quote
Der Bundesrat legte Einspruch ein gegen das Gesetz zur Absenkung der Quote zur Beimischung von Biokraftstoff von 6,25 Prozent auf 5,25 Prozent. Damit geht das Gesetz erneut an den Bundestag, der es überstimmen kann. Im April hatte der Bundestag für ein Absenken der Förderung gestimmt. Die Biokraftstoffbranche hofft aber auf einen Sinneswandel der Parlamentarier. Die entscheidende Bundestags-Abstimmung findet in den kommenden zwei Wochen statt.
Nach geltender Gesetzeslage müsste die Beimischung in den nächsten Jahren sogar auf acht Prozent steigen. Besonders die rot-grüne Regierung hatte den Ausbau der Biokraftstoffe betrieben. Viele Landwirte bauten Zuckerrüben oder Raps für den Öko-Sprit an, große Kapazitäten zur Verarbeitung und Biosprit-Herstellung wurden aufgebaut.
Feste Vorschriften für Mast-Geflügel
Zum Platz von Mast-Geflügel in Ställen hat der Bundesrat jetzt feste Vorgaben beschlossen. Die maximale Besatzdichte wurde je nach Mastart zwischen 35 und 39 Kilogramm Geflügel pro Quadratmeter festgelegt. Demnach dürfen künftig auf einem Quadratmeter am Ende der Mast rund 20 Tiere gehalten werden. Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) kritisierte, dass damit die von der EU vorgeschriebene maximale Besatzgröße pro Quadratmeter nicht voll ausgenutzt werde. Auch der Deutsche Bauernverband kritisierte, dass die Vorgaben nicht ausgereizt worden seien.
Der Bundesverband der Tierversuchsgegner erklärte, mit den neuen Vorschriften verschärften sich die Bedingungen in den deutschen Ställen noch weiter. Schon jetzt litten die Tiere unter «drangvoller Enge», was zu Verhaltensstörungen und Aggressionen führe.
Länder fordern Änderungen an Bad-Bank-Modell
Die vorgesehenen Maßnahmen zur Einrichtung sogenannter Bad Banks gehen den Ländern nicht weit genug. Der Bundesrat forderte die Bundesregierung dazu auf, das Modell nicht einseitig auf die Bedürfnisse der Privatbanken auszurichten.
Die Bundesregierung hatte sich in ihrer Kabinettssitzung am Mittwoch auf eine Weiterentwicklung des Bad-Bank-Modells verständigt, wonach im Rahmen einer Bad Bank eine sogenannte Anstalt in der Anstalt (AidA) geschaffen werden solle, in der die Landesbanken ihre giftigen Papiere auslagern können.
Außerdem forderte die Länderkammer, nicht nur «Schrottpapiere», sondern alle notleidenden Geschäftsfelder auslagern zu können. (afp/ap/ddp)