Peking. .
Wie viele politischen Gefangene in China das Schicksal des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo teilen, ist unbekannt. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass Tausende aus politischen oder religiösen Gründen eingesperrt sind.
Smog liegt über Peking, aber Buchhändler Li steht vor seinem Geschäft in der Innenstadt und schaut, als sei gerade die Sonne aufgegangen. „Das ist ein guter Tag für China“, kommentiert er die Nachricht, dass der inhaftierte Bürgerrechtler Liu Xiaobo den Friedensnobelpreis erhält. „Das macht allen Mut, die daran glauben, dass die Menschenrechte für alle gelten.“
Die Entscheidung des Komitees aus Oslo hat sich in der Szene der Bürgerrechtler wie ein Lauffeuer verbreitet – obwohl die staatlich kontrollierten Medien sie verschwiegen. Eine Ausnahme war eine Online-Zeitung, Businesstimes.com.cn. Sie berichtete über das Ereignis, bis ihre Webseite gesperrt wurde.In der Hauptstadt und andernorts trafen sich spontan kleine Freundeskreise zur Party. Eine der Feiern in einem Pekinger Restaurant wurde am Freitagabend von Polizisten aufgelöst. Mehrere Unterzeichner des Reformappells „Charta 08“, der von Liu Xiaobo mitverfasst worden ist und einer der Gründe für das harte Gefängnisurteil gegen ihn war, wurden stundenweise unter Hausarrest gestellt.
Wie viele Chinesen derzeit das Schicksal Lius teilen und als politische Häftlinge im Gefängnis sind, ist unklar. Experten wie Nicholas Bequelin von „Human Rights Watch“ in Hongkong schätzen, dass es „Tausende“ sind: „Jedes Jahr werden 500 bis 800 Chinesen wegen „Staatssicherheitsdelikten“ angeklagt. Dazu kommen jene Gefangenen, die wegen ihres Glaubens inhaftiert sind. Außerdem eine sehr große Zahl von Tibetern und Uiguren, die nach den Unruhen von 2008 und 2009 inhaftiert wurden. Aber das sind nur jene, die formal verurteilt wurden. Des Weiteren sitzen zwischen fünf und acht Prozent der insgesamt rund 250 000 Chinesen, die ohne Gerichtsprozess in den so genannten Umerziehungslagern gelandet sind, nach Recherchen von Menschenrechtsorganisationen ebenfalls wegen politischer oder religiöser Gründe ein.