London. .
Papst Benedikt hat sich in London bei Opfern sexuellen Missbrauchs entschuldigt. Ihnen gelte sein tiefes Bedauern. Seine Äußerungen in London waren die bislang schärfsten in dieser Sache.
Papst Benedikt XVI. hat sich in London bei Opfern sexuellen Missbrauchs entschuldigt. Pädophile Geistliche hätten Schande und Erniedrigung über die gesamte katholische Kirche gebracht, sagte Benedikt am Samstag in einer Predigt vor 2000 Gläubigen in der Westminster-Kathedrale, der Mutterkirche der römisch-katholischen Kirche in England und Wales. Er denke an das schwere Leid, das den Kindern durch Priester zugefügt worden sei. Den Opfern gelte sein tiefes Bedauern. Der Papst hat sich bereits mehrfach für die Missbrauchsfälle entschuldigt. Seine Äußerungen in London waren aber die bislang schärfsten in dieser Sache.
Vertreter der Missbrauchsopfer äußerten sich trotz der deutlichen Worte des 83-jährigen Kirchenoberhaupts unzufrieden. Die Äußerungen Benedikt seien „Public Relations aber nicht Buße“. Der Papst habe konkretes Handeln gegen pädophile Geistliche unterlassen.
Bei seinem Besuch in Großbritannien hat der Papst auch Opfer sexuellen Missbrauchs durch kirchliche Würdenträger getroffen. „Der Heilige Vater hat eine Gruppe von Menschen getroffen, die von Mitgliedern des Klerus sexuell missbraucht wurden“, teilte der Vatikan in einer schriftlichen Erklärung in London mit. Das Treffen habe in der Botschaft des Heiligen Stuhls in der britischen Hauptstadt stattgefunden. „Er war sehr bewegt von dem, was sie sagten, und äußerte seine tiefempfundene Traurigkeit über das, was die Opfer und deren Familien erlitten haben.“
Treffen mit Premier Cameron
Benedikt XVI. hatte schon zum Auftakt seines Besuchs am Donnerstag Fehler der Kirchenführung im Umgang mit den Missbrauchsfällen eingeräumt. Diese sei „nicht wachsam genug“ gewesen. Ende 2009 war bekannt geworden, dass katholische Würdenträger in Irland jahrzehntelang Vergewaltigungen und Misshandlungen von Minderjährigen vertuscht hatten. Auch in Deutschland und anderen Ländern auf der ganzen Welt wurden zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche bekannt.
Zu Beginn seines letzten Tags in London traf Benedikt mit Premierminister David Cameron, dessen Stellvertreter Nick Clegg und der amtierenden Labour-Chefin Harriet Harman zusammen. In Harmans Amtszeit als Ministerin der früheren Labour-Regierung hatte der Papst den Entwurf eines Gleichstellungsgesetzes verurteilt, das die Kirche zur Einstellung von Homosexuellen und Transsexuellen gezwungen hätte. Die Bestimmung wurde später fallengelassen.
Demo gegen den Papst
Am Nachmittag gingen nach Polizeiangaben in der Londoner Innenstadt bis zu 3000 Menschen auf die Straße, die Organisatoren sprachen von 10.000 Teilnehmern. Auf Schildern und Bannern protestierten sie gegen die Ablehnung des Vatikans von Abtreibung und Frauen in Priesterämtern, außerdem kritisierten sie den Missbrauchskandal in der katholischen Kirche.
Am Vortag hatte die Polizei sechs Männer unter dem Verdacht festgenommen, ein Attentat auf Benedikt geplant zu haben. Nach einem Bericht des Fernsehsender „Sky“ soll es sich um Algerier handeln, was die Polizei jedoch nicht bestätigte. Der Vatikan erklärte, der aus Deutschland stammende Papst sei nicht beunruhigt und setze seine Reise wie geplant fort. Am Sonntag wird Benedikt in Birmingham erwartet.
Terrorverdächtige werden weiter festgehalten
Die sechs Männer, die einen Anschlag im Zusammenhang mit dem Aufenthalt von Benedikt geplant haben sollen, wurden weiter in der Hochsicherheitswache Paddington Green in London festgehalten. Bei den Männern im Alter von 26 bis 50 Jahren soll es sich um Algerier handeln. Sie sind bei einer Firma beschäftigt, die mit der Säuberung der Wege und Plätze im Stadtteil Westminster beauftragt ist. Britischen Medien zufolge sollten die Verdächtigen in der Nähe des Hyde Parks eingesetzt werden, wo der Papst am Samstagabend mit 80.000 Gläubigen ein öffentliches Gebet abhalten wollte.
Die Polizei setzte Durchsuchungen von Wohnungen im Norden und Osten Londons sowie in einem Lager im Zentrum fort, in dem Reinigungsmaterial gelagert wird. Die Vorwürfe blieben rätselhaft, Scotland Yard nannte keine Einzelheiten. Ein Polizeisprecher hatte am Freitag gesagt, erste Durchsuchungen bei den Verdächtigen hätten „keinerlei gefährliches Material“ zu Tage gebracht.
Der Vatikan kritisierte die breite Medienberichterstattung über die Festnahmen als „überzogen“. „Niemand hat sich bedroht gefühlt“, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi AFP. „Der Papst und seine Mitarbeiter sind über ihre Sicherheit nicht beunruhigt.“ Der Heilige Stuhl habe den Festnahmen der Terrorverdächtigen „niemals große Bedeutung beigemessen“, stellte Lombardi klar. (rtr/afp)