Düsseldorf. .

In ihrer ersten Regierungserklärung kündigte NRW-Ministerpäsidentin Hannelore Kraft einen „anderen Politikstil“ an: „Der Mensch steht im Mittelpunkt.“ Kritik gab es für das Sparpaket der Bundesregierung.

Zwei Monate nach ihrer Wahl hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) einen „anderen Politikstil“ in Nordrhein-Westfalen angekündigt. „Der Mensch steht im Mittelpunkt. Die Bürger sollen selbst auf dem Spielfeld der Politik stehen“, sagte Kraft am Mittwoch bei ihrer ersten Regierungserklärung im Düsseldorfer Landtag. Die Bürger sollten „mehr Rechte zur aktiven Teilhabe“ bekommen. Die Regierung wolle einen starken Sozialstaat, einen klimafreundlichen, starken Industriestandort NRW und eine weltoffene, familienfreundliche Gesellschaft im bevölkerungsreichsten Bundesland.

Die rot-grüne Minderheitsregierung wolle ihre Politik nicht „mit dem Megafon“ oder dem „Brecheisen“ durchsetzen, sagte Kraft weiter. Sie wolle auch „keinen Wettbewerb um die Pole-Position in Meinungsumfragen“. Mit mehr Investitionen in Bildung solle erreicht werden, dass „kein Kind zurückgelassen“ werde. Eine solche Politik werde sich mittel- und langfristig rechnen.

Mit Respekt werde die Minderheitsregierung Mehrheiten im Landtag suchen. Das Wahlergebnis vom 9. Mai sei „eine Herausforderung für Regierung und Opposition“.

Kraft forderte die Opposition zu einem „Schulfrieden“ und einem „Konsens“ auf. Sie begrüßte, dass die Oppositionsfraktionen CDU, FDP und Linke die Einladung zur Bildungskonferenz am 23. September eingenommen haben. Auch mit Eltern und Kommunen wolle man über diesen Schulkompromiss reden. 2011 werde für die Eltern das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt. Ebenfalls im kommenden Jahr würden die Studiengebühren an den Universitäten abgeschafft, sagte Kraft in ihrer mehr als eineinhalbstündigen Rede.

Kritik am Sparpaket der Bundesregierung

Die Ministerpräsidentin kritisierte das Sparpaket der schwarz-gelben Bundesregierung. „Die kurzfristige Politik des Rotstifts“ etwa bei sozial Schwachen gehe in Wahrheit auf Kosten der Kommunen. CDU und FDP verfolgten hier eine „neoliberale“ Linie. „Wir in NRW bekennen uns selbstbewusst dazu, dass wir zunächst höhere Ausgaben benötigen“, sagte Kraft. Durch mehr Geld für Kitas, Schulen und Hochschulen könnten später Staatsausgaben etwa für Inobhutnahmen von Kindern aus Problemfamilien eingespart werden. Rot-Grün mache eine „nachhaltige Finanzpolitik“.

Die Bundesregierung habe mit ihren Atombeschlüssen vor den Interessen der großen Atomkonzerne kapituliert, rügte Kraft. NRW werde längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke im Bundesrat ablehnen. Rot-Grün wolle einen „ökologischen Aufbruch“. Das Land werde erneuerbare Energien fördern. Die EU-Pläne für ein vorzeitiges Ende der Steinkohle lehne NRW ab.

Der abgewählten Regierung von Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) warf Kraft vor, Haushaltsrisiken für Altlasten der WestLB nicht in ausreichendem Maße im Etat eingeplant zu haben. Für die WestLB strebe die Landesregierung eine Fusion mit anderen Landesbanken an.

Ab 2011 wolle die Landesregierung jährlich 1400 neue Polizisten einstellen, kündigte Kraft an. Die Regierung werde alles tun, um die Bevölkerung vor aus der Haft entlassenen Schwerverbrechern zu schützen. Für die Sicherungsverwahrung habe der Bund bisher nur „Scheinlösungen“ präsentiert, die noch dazu von den Ländern bezahlt werden müssten, kritisierte die Regierungschefin.

Die Aussprache über Krafts Regierungserklärung folgt bei der Plenarsitzung am Donnerstag. SPD und Grünen fehlt im Landtag ein Mandat zur absoluten Mehrheit. Bei der Landtagswahl am 9. Mai war die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung abgewählt worden. Seit Mitte Juli ist Kraft Ministerpräsidentin. (dapd)