Berlin. .
Der umstrittene Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) kann bei einer Entlassung offenbar nicht mit einer Abfindung rechnen. Die Linkspartei fordert Bundesbank und Bundesregierung auf, „einen goldenen Handschlag für Sarrazin auszuschließen“.
Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin hat bei einer Entlassung nach Angaben der Bundesregierung keinen Anspruch auf eine Abfindung. Das „Hamburger Abendblatt“ zitierte am Donnerstag aus einem Schreiben von Finanz-Staatssekretär Steffen Kampeter an die Linkspartei: „Herrn Dr. Sarrazin wurde für den Fall der Vertragsauflösung keine Abfindung vertraglich zugesichert“. Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, forderte Bundesbank und Bundesregierung auf, „einen goldenen Handschlag für Sarrazin auszuschließen“. Alle diesbezüglichen Angebote und Absprachen müssten offengelegt werden, sagte sie der Zeitung.
Der Berliner Ex-Finanzsenator Sarrazin steht in der Bundesbank wie auch in der SPD wegen seiner Ausländer-Thesen vor dem Rauswurf. Der Vorstand der Bundesbank hat bei Bundespräsident Christian Wulff die Entlassung des 65-Jährigen beantragt. Dazu hat das Staatsoberhaupt zunächst eine Stellungnahme der Bundesregierung angefragt. Das Finanzministerium bereitet diese derzeit vor. Wann sie vorliegen wird, ist noch offen. Der Fall werde „so schnell wie möglich, aber auch so gründlich wie nötig“ geprüft, hatte Ministeriumssprecher Michael Offer am Mittwoch erklärt.
Bundesbank-Vorstand Sarrazin liest am Donnerstag in Potsdam erstmals öffentlich aus seinem umstrittenen Buch „Deutschland schafft sich ab“. Die ursprünglich im Kulturzentrum „Waschhaus“ geplante Veranstaltung wurde aufgrund von Protesten und Drohungen in das Konzerthaus „Nikolaisaal“ verlegt. Veranstalter ist das Brandenburgische Literaturbüro. Linke Gruppen haben Proteste angekündigt. Der frühere Berliner Finanzsenator hat in seinem Buch mit Äußerungen über eine angeblich erbliche Dummheit muslimischer Einwanderer bundesweit für Empörung gesorgt.
Poß mahnt in Sarrazin-Debatte: Ängste ernst nehmen
In der Debatte um die umstrittenen Thesen des suspendierten Bundesbank-Vorstands Thilo Sarrazin hat der amtierende Chef der SPD-Bundestagsfraktion seine Partei aufgefordert, die Ängste der Bürger beim Thema Integration ernst zu nehmen. In der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ forderte Poß zugleich die in Deutschland lebenden Migranten auf, sich zu integrieren: „Klar ist: Wir müssen von jedem, der in Deutschland lebt, Respekt und Achtung vor unserem Gemeinwesen verlangen.“
Mit Blick auf die Stimmungslage bei vielen Parteianhängern, die gegen einen Ausschluss von Sarrazin aus der Partei sind, sagte Poß: „Aber es gehört auch zu unserer Aufgabe, nicht jeder spontanen Stimmung nachzugeben.“
Negative Erfahrungen mit Ausländern nicht verleugnen
In der Debatte um Integration hat Grünen-Chef Cem Özdemir dazu aufgerufen, einzelne negative Erfahrungen mit Migranten nicht zu verleugnen. „Sarrazins Thesen, seine Zahlen“ seien „nicht das Problem. Die kann man widerlegen“, sagte Özdemir der „Passauer Neuen Presse“. Er betonte: „es geht hier um persönliche Erfahrungen, um Gefühle. Die Debatte kann man nur vernünftig führen, wenn man einräumt, dass es solche negativen Erfahrungen gibt.“
Erziehungsversagen gebe es auch bei Deutschen, deren Kinder Rechtsradikale werden oder auf sonstige Weise verwahrlosen, sagte Özdemir. Der Bundesinnenminister habe Recht, wenn er von 10 bis 15 Prozent Integrationsunwilligen spricht. „Aber das trifft doch für die gesamte Gesellschaft zu. Es gibt leider 10 bis 15 Prozent Menschen, die antisemitische, rassistische, fremdenfeindliche Einstellungen haben.“
Özdemir wandte sich gegen Forderrungen aus der Union nach Sanktionen bei erwachsenen Hartz-IV-Empfängern, die sich weigern, Deutsch zu lernen. „Der schnelle Ruf nach Sanktionen ist vor allem Ausdruck von Hilflosigkeit und führt nicht zum gewünschten Ergebnis“, sagte er. „Viel wichtiger ist, dass wir ausreichend Sprachförderung bei Kindern und Jugendlichen anbieten und mit Nachdruck dafür sorgen, dass diese auch angenommen wird.“ (rtr/dapd/afp)