Berlin. .
Bildung und Sprachförderung stehen im Mittelpunkt des Integrationsprogramms, das die Bundesregierung verbessern will. Zudem sollen künftig mehr Lehrer mit Migrationshintergrund an deutschen Schulen unterrichten.
Mit einem Integrationsprogramm will die Bundesregierung die Eingliederung von Ausländern verbessern. Im Mittelpunkt des von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgestellten Programms, das am Mittwoch in Berlin vom Kabinett gebilligt wurde, stehen Bildung und Sprachförderung von Migranten. De Maizière räumte Versäumnisse der Politik ein, die das Problem „teilweise auf die leichte Schulter genommen“ habe.
Vor dem Hintergrund der Debatte um das Buch von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin bezeichnete de Maizière das Programm als „Beitrag zur Sachlichkeit“. Es gehe darum, ein „differenziertes Bild der Wirklichkeit, mit differenzierten Vorschlägen“ zu geben und sich „auf Lösungen“ zu orientieren. Zwar gebe es gesellschaftliche und politische Versäumnisse; mit Blick auf die jüngste Polemik fügte er hinzu, die politische Aufgabe bestehe aber darin, „Wunden zu heilen und nicht noch Eiter hinein zu träufeln“.
Als vordringliche Aufgabe bei der Integration nannte de Maizière den Spracherwerb. Rund 1,1 Millionen Migranten in Deutschland sprächen „nicht ausreichend Deutsch“, also unter dem niedrigsten Niveau des Sprachtests der Integrationskurse. 15 Prozent der Migranten verließen die allgemeinbildenden Schulen ohne Abschluss gegenüber 6,2 Prozent der Deutschen. Die Zahl der integrationsunwilligen Migranten liege zwischen zehn und 15 Prozent. „Wie gut Migranten unsere Sprache sprechen, das entscheidet über ihren Erfolg in unserer Gesellschaft“, hob auch Regierungssprecher Steffen Seibert hervor.
Mehr Lehrer mit Migrationshintergrund gefordert
Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Albert Schmid, forderte mehr Lehrer mit Migrationshintergrund. Es müsse verstärkt um Lehramtskandidaten mit Migrationshintergrund geworben werden, so wie vor Jahrzehnten um Lehrer aus dem Arbeitermilieu geworben wurde.
Die Kritik der Opposition an der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), wies de Maizière als „gänzlich unberechtigt“ zurück. Böhmer sei bei der Vorstellung des Programms deswegen nicht dabei, weil sie sich derzeit in Kanada aufhalte. SPD und Grüne hatten zuvor die Ablösung Böhmers gefordert.
Das unter der Federführung des BAMF erarbeitete Integrationsprogramm unterbreitet Vorschläge für die Weiterentwicklung der Angebote von Bund, Ländern, Kommunen und freien Trägern. Schwerpunkt ist dabei die Bildung. Das Programm geht auf die Empfehlungen der Zuwanderungskommission aus dem Jahr 2001 zurück.
Mangel an Krippen, Ganztagsschulen und Plätzen in Integrationskursen
Der Vorsitzende des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) sagte der Nachrichtenagentur AFP: Das Programm biete „nichts Neues unter der Sonne, aber die Richtung stimmt“. „Wir brauchen für die Zukunft weniger Proklamationen und mehr sichtbare Umsetzung“, fügte er allerdings hinzu.
Die DGB-Vizevorsitzende Ingrid Sehrbrock kritisierte, das deutsche Bildungswesens halte „zu wenig Angebote für erfolgreiche Integration bereit“. Es mangele an Kinderkrippen, Ganztagsschulen und Plätzen in Integrationskursen. Ähnlich äußerte sich der Bremer Migrationsforscher Stefan Luft gegenüber AFP: Es fehle an ausreichend „Gelegenheitsstrukturen vor Ort“ für Migranten, deutsch zu sprechen. Das sei auch eine Frage der Mischung und des „Lastenausgleichs“ in Städten, wo deutsche Familien Schulen mit hohen Migrantenzahlen mieden. (AFP)