Berlin.

Die Debatte um die Thesen und um den Parteiausschluss von Thilo Sarrazin lässt die Sozialdemokraten offenbar in der Wählergunst sinken. In einer Forsa-Umfrage für den Stern büßten sie gegenüber der Vorwoche zwei Prozentpunkte ein und fielen auf 25 Prozent.

Am wenigsten dürfte die SPD-Spitze darüber überrascht sein. Im Willy-Brandt-Haus gingen inzwischen zum „Fall Sarrazin“ rund 6000 Briefe und E-Mails sowie 700 Anrufe ein. In den meisten Zuschriften wird Meinungsfreiheit angemahnt und der umstrittene Bundesbankvorstand in Schutz genommen.

70 Prozent der Briefe kommen zwar nicht von SPD-Mitgliedern. Sie geben aber ein Stimmungsbild wieder, das Partei und Führung in Berlin umtreibt und dazu bringt, sich stärker auf das Thema Migration zu fokussieren:

– Fraktionsvize-Chef Olaf Scholz soll für die SPD neue Leitlinien der Integration entwickeln. Sie sollen von der Fraktion spätestens auf einer Klausur im Januar 2011 verabschiedet werden.

– Die SPD-Abgeordneten wollen außerdem zu einem Streitgespräch zwischen dem Bürgermeister des Berliner Problembezirks Neukölln, Heinz Buschkowsky, und dem Bürgermeister von Rotterdam, Ahmed Aboutaleb, einladen.

– Dem SPD-Parteitag am 26. September wird eine Diskussion über Integration vorgeschaltet, ebenfalls mit Buschkowsky und diesmal mit Parteichef Sigmar Gabriel. Die Delegierten sollen eine Resolution verabschieden. Sarrazin wurde nicht eingeladen.

– Am 10. Oktober veranstaltet die SPD in Berlin einen Workshop mit Migranten, am 12. November in Offenbach eine Bürgerkonferenz zum Thema Integration. Dazu heißt es, man müsse stärker den Dialog „mit der aufnehmenden Gesellschaft“ suchen.

„Zukunftswerkstatt“

Die Federführung liegt beim Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, der die „Zukunftswerkstatt Integration“ leitet. In der SPD-Spitze ist die Klage zu hören, Wowereit kümmere sich seit langem um das Thema, von der Öffentlichkeit sei dies aber ignoriert worden.

– Allein Gabriel hat zehn Diskussionstermine mit Zu­wanderern, vorwiegend mit Türken und Übersiedlern aus Russland. Der SPD-Chef hatte zuletzt angekündigt, er wolle „zu den sozialen Brennpunkten von Integration fahren“.