Berlin. Union und FDP wollen die Krankenversicherung grundlegend umbauen. Der Arbeitgeberanteil an Beiträgen soll eingefroren werden. Die Opposition kritisiert das Konzept als Weg zur "Kopfpauschale". Im kommenden Jahr bleibt erst einmal noch alles beim Alten.

Schwarz-Gelb will die Finanzierung des Gesundheitswesen grundlegend umbauen und den Unternehmern Mehrbelastungen ersparen: Bei ihren Koalitionsverhandlungen in Berlin beschlossen Union und FDP, den Arbeitgeberanteil der Kassenbeiträge einzufrieren und für die Versicherten einen einkommensunabhängigen Beitrag einzuführen. Die Opposition kritisierte das Konzept am Freitag als Weg zur «Kopfpauschale».

Eine noch einzusetzende Regierungskommission soll bis 2011 ein neues System entwickeln, wie Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Berlin sagte. Im kommenden Jahr bleibt nach ihren Angaben aber noch alles beim Alten: Der Einheitsbeitrag von derzeit 14,9 Prozent wird 2010 weiter erhoben, außerdem können die Kassen einen Zusatzbeitrag von bis zu einem Prozent des beitragspflichtigen Einkommens erhalten.

Für den künftigen einkommensunabhängigen Beitrag sollen geringer Verdienende einen sozialen Ausgleich erhalten, wie von der Leyen und FDP-Unterhändler Philipp Rösler sagten. Die Krankenkassen sollten zudem künftig wieder mehr Beitragsautonomie erhalten und einen Teil der Beiträge selbst erheben können, fügte Rösler hinzu, der Gesundheitsminister einer schwarz-gelben Koalition werden soll.

"Mit der FDP kann sich die Union nun endlich auf den Weg zur Kopfpauschale im Gesundheitswesen machen», kritisierte Grünen-Chefin Claudia Roth in einer Erklärung. Linken-Vize Klaus Ernst nannte die Beschlüsse «Wahlbetrug an den Arbeitnehmern». Die «Kopfpauschale» werde durch die Hintertür eingeführt. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach bemängelte im Sender N24 die «relativ unsolide Finanzierung».

Der AOK-Bundesverband begrüßte in einer Erklärung die Zusage, keine Leistungen der gesetzlichen Kassen zu streichen und eine Kommission mit der Ausarbeitung der Reform zu beauftragen. Der Finanzexperte und frühere Regierungsberater Bert Rürup bezeichnete es in der «Saarbrücker Zeitung» (Samstagsausgabe) als «Fortschritt», dass Schwarz-Gelb eine weitgehende Abkoppelung der Kassenbeiträge von den Lohnkosten plane.

Demgegenüber warf Barmer-Chef Johannes Vöcking der künftigen Koalition in einer Erklärung «Mut- und Ideenlosigkeit» vor. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte das Konzept als «unsolidarisch und ungerecht». Die Belastungen für Beschäftigte und Rentner würden «rasant ansteigen», warnte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Das Gesundheitskonzept berücksichtige «die Balance zwischen Solidarität und Eigenverantwortung», sagte hingegen Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) der «Rhein-Neckar-Zeitung» (Samstagsausgabe).