Essen/Rangun. Dieser Tage lief in Birma die Frist für die Abgabe der Kandidatenlisten ab. Wenn sich die Militärjunta wählen lässt, dann sind das die ersten Wahlen seit 20 Jahren. Rund 48 Millionen Menschen können dann ihre Stimme abgeben.

Über drei Dutzend Parteien stehen am 7. November im Wettstreit um die Stimmen der rund 48 Millionen Bewohner des Vielvölkerstaates – und es wären noch mehr, wenn sie die notwendige Gebühr von 380 Euro für die Registrierung bei der Wahlkommission aufgebracht hätten.

Doch schief laufen wird in der letzten Diktatur Südostasiens ohnehin nichts. Denn die seit 1962 herrschenden Generäle haben alle Vorkehrungen getroffen, um nicht vorgeführt zu werden wie beim letzten Urnengang 1990. Da hatte die oppositionelle Nationalliga für Demokratie der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi 392 der 440 Sitze im Pyithu Hluttlaw, dem Volksparlament, gewonnen - die goldbetressten Junta-Chefs ganze zehn. Doch das Regime hatte das Ergebnis ignoriert und mit harter Hand weiterregiert.

Diesmal ist im Parlament vorab ein Viertel der Sitze für die Streitkräfte reserviert: 26 Prozent reichen bereits zur absoluten Mehrheit. Zudem haben über 70 hohe Offiziere ihre Uniformen gegen zivile Deckmäntelchen getauscht und kandidieren auf den Listen regimetreuer Parteien.

Permanente Menschenrechtsverletzungen

Aung San Suu Kyi, seit 20 Jahren in Haft oder unter Hausarrest, hat zum Wahlboykott aufgerufen. Sie selbst dürfte als Vorbestrafte auch gar nicht kandidieren. Aus den Reihen ihrer Partei, die sich um die Familien von rund 2 000 politischen Gefangenen kümmert, hat sich eine Gruppe abgespalten, die es für besser hält, Gesicht zu zeigen und an der Wahlfarce teilzunehmen. Sich zu verweigern, sagen sie, zementiere die Verhältnisse. Derweil lässt der Geheimdienst das Haus der Friedensnobelpreisträgerin am Inya-See in Rangun nachts in Flutlicht tauchen, damit nicht abermals jemand – wie vor Jahren ein Amerikaner – das Grundstück der Oppositionspolitikerin schwimmend erreicht.

Gegen die Junta, die das abgeschottete Birma 1989 in Myanmar umbenennen ließ, läuft nichts. So dürfen Armeeangehörige nicht vor zivilen Gerichten angeklagt werden – wo sie ihrer permanenten Verletzung der Menschenrechte wegen hingehörten. Auch religiöse Orden und damit die buddhistischen Mönche, die 2007 friedliche Massenproteste anführten, sind von den Wahlen ausgeschlossen. Der „Fahrplan zur Demokratie“ bleibt der durchsichtige Versuch der Militärs, ihre Macht mit Lippenbekenntnissen zu legitimieren.

Minimale Spielräume

Dabei haben die über Birma verhängten westlichen Sanktionen den Unterdrückungsapparat der Junta nicht aufweichen können. Stattdessen halten sich hartnäckig Gerüchte, Birmas Generäle arbeiteten mit nordkoreanischer Hilfe an einem militärischen Atomprogramm, weil sie in den USA einen potentiellen Feind sähen. Vor allem China, aber auch Thailand, Singapur und Indien machen munter lukrative Geschäfte mit dem bitterarmen, aber an Öl, Gas, Erzen und Teakholz reichen Land. Und im Goldenen Dreieck, zwischen Birma, Laos und Thailand, blüht der illegale Drogenhandel.

Die gegängelte Opposition wird viel Mut brauchen, um ihre auch nur minimalen Spielräume besetzen und nutzen zu können.