Berlin. .

Mehr Zeit für die Lieben, das wünschen sich die Deutschen laut einer Umfrage, die das Familienministerium in Auftrag gegeben hatte. Was den Bürgern sonst noch wichtig ist, finden Sie hier in neun Fragen und Antworten.

Seit Monaten kämpft Familienministerin Kristina Schröder (CDU) um ihr Prestigeobjekt, die Familienpflegezeit, und hat dafür aus der Wirtschaft mächtig Kritik einstecken müssen. Rückendeckung soll ihr nun die Familienumfrage geben, die das Mi­nisterium in Auftrag gegeben hat. Die neue Studie kommt zu dem Schluss, dass sich nahezu alle Bürger eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wünschen. Unterm Strich aber setzen die Befragten andere Prioritäten bei der Familienpolitik. Das Pflegethema spielt nur ei­ne untergeordnete Rolle.

Wie wichtig ist den Bürgern Familienpolitik überhaupt?

Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist den von Allensbach Befragten wichtiger als Steuersenkungen, stabile Energiepreise oder die Gesundheitsreform. Sie ist aber nicht so bedeutsam wie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit oder die Sicherung der Rente.

Welche Erwartungen haben die Bürger an die Familienpolitik?

69 Prozent finden, Schröders Arbeitsschwerpunkt solle darauf liegen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Fast jeder zweite will junge Familien gefördert sehen. Die bessere Vereinbarung von Pflege und Beruf kommt an 16. Stelle. Nur 42 Prozent finden das wichtig. Schröder sagt: „Nicht Geld oder Infrastruktur, sondern Zeit ist die Leitwährung mo­derner Familienpolitik.“

Für 16 Prozent der Männer kommt die Elternzeit „be­stimmt“ infrage

Gibt ihr die Studie Recht?

Zunächst einmal ja. So kritisieren 63 Prozent die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf und 74 Prozent von Pflege und Beruf. Allerdings glauben 53 Prozent der Eltern, dass ihnen die Vereinbarkeit am meisten erleichtert würde, wenn der Staat sie finanziell stärker unterstützt.

Was wünschen die Väter?

Für 16 Prozent der Männer kommt die Elternzeit „be­stimmt“ infrage und für 46 Prozent „vielleicht“. Allerdings kla­gen viele Bürger über die mangelnde gesellschaftliche An­erkennung der Elternzeit von Männern. 64 Prozent der Väter mit einem Kind unter 18 befürchten, dass Betriebe ge­gen Väter in Elternzeit Vorbehalte haben.

Wie will Schröder flexiblere Arbeitszeitmodelle durchsetzen?

Sie startet im Herbst zusammen mit dem Deutschen In­dustrie- und Handelskammertag die Initiative „Flexible Ar­beitszeiten“. Sie soll dafür sorgen, dass die Betriebe mehr vollzeitnahe Stellen für Väter und Mütter schaffen. Hier müssten sie dann 30 bis 35 Stunden in der Woche arbeiten. Das könnte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf er­leichtern.

Was hält die Opposition von der Initiative?

„Es reicht nicht aus, eine Initiative anzukündigen und dann zu hoffen, dass die Betriebe flexiblere Arbeitszeiten schaffen“, sagte die familienpolitische Sprecherin der SPD, Caren Marks, dieser Zeitung. Das lehre die Erfahrung. „Bislang sind sämtliche Initiativen der Regierung mit der Wirtschaft im Ergebnis er­schreckend dürftig geblieben.“

Berufstätige Mütter würden lieber weniger Wochenstunden arbeiten

Trifft Schröder mit der Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten den Wunsch der Bürger?

Eindeutig ja. Die in Vollzeit berufstätigen Mütter würden im Schnitt lieber 32,3 Stunden in der Woche arbeiten anstatt derzeit 41,8 Stunden. Auch 60 Prozent der berufstätigen Vä­ter wünschen sich kürzere Ar­beitszeiten. Im Schnitt arbeiten sie in der Woche 43,8 Stunden. Deren Idealvorstellung lä­ge aber bei 37,2 Stunden.

Noch vor einigen Jahren wünschten sich viele junge Paare zunächst berufliche und finanzielle Sicherheit und dann ein Kind. Ist das noch so?

Das Sicherheitsdenken nimmt ab, wie ein Vergleich mit Zahlen von 2007 belegt. Damals wollten 63 Prozent nur dann ein Kind, wenn die finanzielle Situation gut ist, heute sind es 56 Prozent. 52 Prozent der Eltern wollten zu­nächst ihre Berufsausbildungen abgeschlossen haben, nun sind es 42 Prozent.

Und wie kommt das Pflegemodell der Bundesfamilienministerin in der Bevölkerung an?

Zwei von drei Befragten finden, dass Angehörige von der Familie gepflegt werden sollten. Vor diesem Hintergrund hält mehr als jeder Zweite das Pflegezeitmodell der Familienministerin in dieser Umfrage für gut. Hier sollen Be­schäftigte ihre Arbeitszeit über zwei Jahre auf bis zu 50 Prozent reduzieren können. Da­bei bekommen sie 75 Prozent des Lohns. Später müssen sie voll arbeiten und bekommen so lange nicht den ganzen Lohn, bis ihr Pflegezeitkonto ausgeglichen ist.