Brüssel. Die EU-Kommission will Kindern Beine machen und sie vor Fettleibigkeit schützen. Fünf Millionen Jungen und Mädchen in den Mitgliedsländern bringen zu viel auf die Waage. Eine Aufklärungskampagne richtet sich vor allem an Schulkinder. Denn für Europas Jugend gehören Fritten zum Essen dazu.

Europas steht vor einem – im doppelten Sinne – zunehmenden Problem: 22 Millionen Kinder in Europa wiegen mittlerweile mehr, als gut für sie ist. Fünf Millionen Jungen und Mädchen sind sogar fettleibig – sie bringen also viel zu viel auf die Waage. Die EU-Kommission ist darüber besorgt, zumal Übergewicht und ungesunde Ernährung das Risiko von Diabetes und Herz-Kreislauf-Störungen schon bei jungen Menschen erhöhen – und sogar von frühem Knochenschwund.

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel hat deshalb am Montag eine europaweite Aufklärungskampagne gestartet, die sich vor allem an Schulkinder richtet. Dazu zählen Informationsbusse, die durch halb Europa touren, ebenso wie eine interaktive Internet-Seite, auf der Kinder über eine Schatzsuche – sehr bald auch in deutscher Sprache verfügbar – einiges über gesunde Ernährung lernen können. Zudem setzt die EU-Behörde auf den Einsatz sportlicher Vorbilder für die Initiative – etwa die belgische Tennisspielerin Justine Henin oder den erst achtjährigen italienischen Langstreckenschwimmer Rosolino Cannio.

Die meisten Dicken in Spanien und Malta

„In zu vielen Gegenden Europas gehören Fritten zu fast jedem Essen und zuckerhaltige Getränke zu den typischen Durstlöschern“, kritisiert die EU-Kommission. Die Folgen davon lassen sich in nationalen Statistiken ablesen, wobei die EU für den Vergleich teilweise auf Umfragen aus den Neunziger Jahren zurückgreifen muss.

Besorgnis erregend sind vor allem die Zahlen aus dem Süden Europas. So liegen Spanien und Malta europaweit vorne, wenn es um den Anteil übergewichtiger Jungen und Jugendlicher geht. Fast jeder Dritte ist bei Untersuchungen in diesen Ländern dadurch aufgefallen, dass er zu viele Kilogramm mit sich herumgetragen hat. In Deutschland sind es im Vergleich dazu deutlich weniger dicke Jungen, der Anteil liegt nahe 20 Prozent. Bei den Mädchen alarmieren die Zahlen vor allem aus Griechenland und Portugal, bei den weiblichen Jugendlichen beunruhigen auch die Daten aus Großbritannien und Irland. Deutschland zählt auch hier – gemeinsam mit den Niederlanden, Dänemark und einigen osteuropäischen Ländern – zu den Staaten, die im direkten Vergleich noch etwas besser dastehen.

Briten und Iren sind Obstmuffel

Bei Briten und Iren korrespondieren die hohen Anteile an dicken Kindern mit den im EU-Vergleich äußerst geringen Verzehr von Früchten. Gerade einmal 100 Gramm Obst nehmen die Menschen in London oder Dublin pro Tag zu sich, in Deutschland sind es immerhin 182 Gramm, wobei auch hier einige nationale Datenerhebungen bereits einige Zeit zurückliegen.

Die EU-Kommission sieht sich deshalb in ihren beiden zentralen Programmen für eine gesündere Ernährung von Schulkindern bestärkt. Zum einen spendiert Brüssel für die Förderung der kostenlosen Ausgabe von Schulobst 90 Millionen Euro. Deutschland hat, nach längerer Diskussion zwischen Bund und Ländern über die Mitfinanzierung, vor wenigen Tagen die Voraussetzung dafür geschaffen, dass auch deutsche Schulen von EU-Subventionen profitieren können. Zum anderen sponsert die EU mit 55 Millionen Euro ein Schulmilchprogramm, unter dem auch beliebte Mischgetränke wie Milk-Shakes ausgegeben werden.

EU prüft die Werbeversprechungen

Um die kleinen – und die großen – Verbraucher besser vor irreführender Werbung vor angeblich gesunden Lebensmitteln zu schützen, hat die EU-Lebensmittel-Aufsichtsbehörde gerade mehrere Hundert Versprechen untersucht, mit denen Anbieter von Essen und Getränken für ihre Produkte werben, zum Beispiel „steigert die Konzentrationsfähigkeit“. In den nächsten Tagen wollen die Experten bekannt geben, wer dabei unverfroren schummelt und wer nicht.

Noch in Vorbereitung befinden sich derweil Regeln für so genannte Nährwertprofile, die verhindern sollen, dass Kunden getäuscht werden, weil sie bei einigen Leckereien nur auf die positiven Aspekte der Ernährung hingewiesen werden („reich an Vitaminen“), nicht aber auf die mitunter extrem hohe Zuckerdosis oder den üppigen Fettgehalt.