Berlin. .

Ursula von der Leyens Chipkarte für Hartz-IV-Kinder stößt auf Kritik. Der Deutsche Städtetag hat eine sachliche Debatte über die Bildungskarte für „Hartz IV“-Kinder gefordert. Geschäftsführer Stephan Articus: „Die Chipkarte zu verteufeln, hilft nicht weiter.“

Stuttgart macht es vor: In der Schwabenmetropole haben 46 000 Kinder aus Familien mit bis zu 60 000 Euro Familieneinkommen eine Chipkarte, aufgeladen mit einem 60-Euro-Geschenk von der Stadt. Damit können sie ins Thermalbad oder Planetarium gehen, Volkshochschulkurse, Musikunterricht und die Klassenfahrt bezahlen. Bundesweit sollen ab 2011 die ersten von rund zwei Millionen Hartz-IV-Kindern eine ähnliche Bildungs-Chipkarte bekommen.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) möchte diese einführen, nachdem das Verfassungsgericht den Bund dazu verdonnert hat, die Regelsätze neu zu berechnen. Mittelfristig sollen alle bedürftigen Kinder die Karte bekommen. Zur Finanzierung will von der Leyen dann die Kommunen, die Wirtschaft und Stiftungen mit ins Boot holen. Am Freitag will sich von der Leyen mit den Arbeits-, Sozial- und Bildungsministern der Länder sowie den kommunalen Spitzenverbänden treffen. „Ich erwarte, dass Ministerin von der Leyen endlich Zahlen vorlegt, was ein Kind in Deutschland braucht. Dies ist sie uns bisher schuldig geblieben“, sagte NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD). Die Chipkarte möge eine „nette Idee sein, aber vorher müssen Zahlen auf den Tisch“.

Städtetag: Logistik muss vom Bund kommen

Bei dem Treffen wird der Deutsche Städtetag darauf pochen, dass die Karte die klammen Kommunen nichts kostet, wenn der Bund einen Teil des Bedarfs für Hartz-IV-Kinder über die Bildungskarte abdecken will. „Wenn er diese Leistungen teilweise über eine Chipkarte bereitstellen will, muss er dafür die Logistik sicherstellen“, sagte Hauptgeschäftsführer Stephan Articus, mit Blick auf notwendige Kartenlesegeräte. Er gehe davon aus, dass die Städte nicht verpflichtet werden sollen, zusätzliche Leistungen für Kinder bereitzustellen. Darüber sollten die Kommunen entscheiden. „Klar ist: Die Städte mit großen Haushaltsproblemen können solche freiwilligen Leistungen nicht finanzieren“, so Articus.

Am Montag hatte von der Leyen die Grundzüge der Bildungskarte vorgestellt. Neben dem Geld aus den – noch offenen – Regelsätzen werden Kinder künftig ein Bildungspaket erhalten. So bekommen sie von den Jobcentern bei Bedarf Nachhilfe bezahlt plus Geld für ein Schulbasispaket, das zweimal jährlich ausgezahlt wird und für Schulausflüge oder Schulranzen gedacht ist. Neben einem Mittagessen-Zuschuss sind Mittel für Kultur- und Sportangebote vorgesehen. Jobcenter sollen Vereinsbeiträge für Kinder zahlen.

CSU strikt dagegen

Noch sind viele Fragen offen bei von der Leyens Konzept. So ist völlig unklar, was das Bildungspaket für die gut zwei Millionen Hartz-IV-Kinder den Bund am Ende kosten wird und wie der maximale Förderbetrag ausfällt. Bisher hat die Regierung im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr 500 Millionen Euro dafür eingestellt. Ein weiterer heikler Punkt sind Sanktionsmöglichkeiten. Wie können Jobcenter reagieren, wenn Kinder bewilligte Nachhilfe nicht nutzen?

Während die FDP die Bildungskarte befürwortet, ist die CSU strikt dagegen. Sie kritisiert den hohen Verwaltungsaufwand und die Bevormundung von Hartz-IV-Beziehern durch ein Gutscheinmodell.

Extra-Geld fürs Fahrrad

Schelte kommt auch vom Paritätischen Gesamtverband. „Es macht keinen Sinn, auf Bundesebene Gutscheine auszustellen, wenn vor Ort nichts ist, wo von der Leyen sie einlösen kann“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider am Dienstag. Sein Konzept zur Neuregelung der Hartz-IV-Sätze enthält eine Regelleistung für alltägliche Ausgaben, Einmalzahlungen für Fahrrad oder Tornister, „atypische“ Mittel für Nachhilfe oder Medizin sowie Fördermittel für Musikunterricht.