Berlin. .

Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat erneut einen Völkermord an den Armeniern bestritten. Damit hat er den Besuch von Kanzlerin Angela Merkel am Montag schwer belastet. Laut einem Medienbericht wollte Merkel die Beziehungen zu Armenien bei ihrem Besuch ansprechen.

Unmittelbar vor der Türkei-Reise von Kanzlerin Angela Merkel hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan einen Völkermord an den Armeniern erneut bestritten und damit den Besuch schwer belastet. Von Völkermord könne nicht die Rede sein, sagte Erdogan dem „Spiegel“. Merkel will die Beziehungen zu Armenien bei ihrem Besuch ansprechen, wie aus Regierungskreisen verlautete. Die CDU-Vorsitzende besucht am Montag zunächst Ankara und reist dann nach Istanbul weiter.

Indirekt drohte Erdogan dem Bericht zufolge erneut damit, illegal in der Türkei lebende Armenier auszuweisen: „Wir wenden uns an die armenische Diaspora und jene Länder, die die Diaspora unterstützen: Es gibt in der Türkei Armenier, die Staatsbürger sind, und solche, die illegal in unserem Land leben. Bis heute haben wir die Frage der Ausweisung nicht in Betracht gezogen, aber wenn die Diaspora weiterhin Druck macht, könnten wir uns dazu imstande sehen.“

Ausgangspunkt ist ein Massaker an Armeniern in der Türkei am Ende des Ersten Weltkriegs. Zahllose Armenier wurden im damaligen Osmanischen Reich vertrieben und getötet. Nach armenischen Angaben starben bis zu 1,5 Millionen Menschen. Die Türkei hält die Zahlen für völlig übertrieben und bestreitet, dass es ein Völkermord war. Zuletzt hatte ein Resolutionsentwurf des US-Kongresses für Spannungen zwischen den USA und der Türkei gesorgt, in der die Tötung der Armenier als Völkermord bezeichnet wird.

Auch der Iran steht auf der Tagesordnung

Merkel reist für zwei Tage in die Türkei. Neben der Stärkung der wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit beider Länder stehen auch Gespräche über außenpolitische Fragen wie die Zukunft des Friedensprozesses im Nahen Osten und die Beziehungen zum Iran auf der Tagesordnung, wie die Kanzlerin in ihrer wöchentlichen Videobotschaft ankündigte. Deutschland trete dafür ein, dass „wir auch über Sanktionen nachdenken“, wenn der Iran nicht endlich Transparenz in den Fragen der Nuklearenergie zeige, sagte Merkel.

Erdogan sprach sich in dem „Spiegel“-Interview im Konflikt um das iranische Nuklearprogramm gegen Sanktionen und für weitere Gespräche aus.

Wirtschaft dringt auf Annäherung

Die schwarz-gelbe Bundesregierung will mit der Türkei laut Koalitionsvertrag über eine „privilegierte Partnerschaft“, nicht aber über eine Vollmitgliedschaft in der EU verhandeln. Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen erklärte dazu, Merkel müsse „endlich den verlogenen Irrweg der privilegierten Partnerschaft für die Türkei verlassen“. Die Menschen in der Türkei und der Europäischen Union sollten über einen EU-Beitritt der Türkei entscheiden.

Auch die Wirtschaft dringt auf eine weitere Annäherung der EU an das Land. „Die deutsche Wirtschaft mahnt eine emotionsfreie Diskussion um die Beitrittsverhandlungen der Türkei an. Unsere Wirtschaftsbeziehungen mit der Türkei entwickeln sich seit Jahren überdurchschnittlich gut. Das Land bleibt absehbar ein Wachstumsmarkt in strategisch bedeutender Lage“, sagte BDI-Geschäftsführer Werner Schnappauf dem „Handelsblatt“.

RWE-Chef Jürgen Großmann sagte dem Blatt, Europa sei gut beraten, mit der Türkei politisch und wirtschaftlich enger zusammenzuarbeiten. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sprach sich für ergebnisoffene Verhandlungen wegen eines EU-Beitritts der Türkei aus. (apn)