Berlin.

Wer wusste wann Bescheid - und worüber? Fragen, um die es sich im Kundus-Ausschuss dreht. Eine E-Mail zeigt, der Geheimdienst war früh am Ball. Das könnte jetzt für Bundeskanzlerin Angela Merkel Konsequenzen haben.

Es ist 8.06 Uhr am 4. September 2009, ein ganz normaler Freitag im Kanzleramt – und wiederum nicht. In der Nacht hatte die Bundeswehr in Kundus zwei Tanklaster bombardiert. In der Berliner Regierungszentrale stellt ein Beamter eine „unverbindliche Erstinfo des BND“ zusammen; eine E-Mail, die ein halbes Jahr später die Opposition elektrisiert.

Sie zeigt: Der Geheimdienst war früh am Ball. Die Kanzlerin konnte eine Vorahnung da­von haben, welcher Skandal sich daraus entwickeln würde, der jetzt einen Untersuchungsausschuss umtreibt. In der als „VS“ eingestuften E-Mail („nur für den Dienstgebrauch“) heißt es: „Das Verheerende da­ran ist, dass dabei zahlreiche Zivilisten ums Leben gekommen sind (Zahlen variieren von 50 bis 100).“

„Massen sterben“

Zum Beleg ist ganz profan eine BBC-Nachricht von 5.41 Uhr angehängt: Scores die in Afghan explosion. Im Englischen heißt Scores so viel wie „Massen“ -- Massen, die sterben. Die BBC bezieht sich auf die Nachrichtenagentur afp, diese auf den Polizeichef der Region. Das wird wiederum alle Kritiker bestätigen, die den BND schon immer für ei­nen besseren Zeitungsausschnittsdienst hielten.

Trotzdem ergeben sich aus der E-Mail spannende Fragen:
1. Hat der BND das damals SPD-geführte Auswärtige Amt eingeweiht?
2. Wieso hat das Kanzleramt ein Wochenende lang zugeschaut, wie sich der damalige Verteidigungsminister Jung (CSU) um Kopf und Kragen redete, weil er nur von toten Taliban etwas wissen wollte?
3. Wie früh hat sich der BND eingeschaltet und was tat er, um sich ein Bild zu verschaffen?