Berlin. .

Die Unionsfraktion prüft eine Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke auf bis zu 28 Jahre. Bisher sollte als Höchstmarke ein Szenario mit 20 Jahren durchgerechnet werden. SPD und Grüne prophezeien für den Fall das Aus für erneuerbare Energien.

Die CDU/CSU-Fraktion erwägt eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke um bis zu 28 Jahre. Auch ein solches Szenario müsse durchgerechnet werden, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier, am Dienstag in Berlin. Bislang wollte die schwarz-gelbe Koalition maximal 20 zusätzliche Jahre prüfen.

Der geltende, noch von Rot-Grün und den Akw-Betreibern ausgehandelte Atomkompromiss sieht Regellaufzeiten von 32 Jahren vor. Bei einer Verlängerung um 28 Jahre ergeben sich somit Gesamtlaufzeiten von 60 Jahren. Das würde bedeuten, dass das letzte Atomkraftwerk ungefähr im Jahr 2050 vom Netz ginge.

Fünf Szenarien durchrechnen

„Wir wollen keine Vorfestlegung, sondern eine möglichst breite Bandbreite von Szenarien. Dazu gehört auch die 28“, sagte Altmaier dazu weiter. Laut Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs beschloss der Fraktionsvorstand von CDU/CSU am Montag, fünf Szenarien durchzurechnen. „Wir rechnen fünf Jahre, zehn Jahre, 15 Jahre, 20 und 28 Jahre“, sagte Fuchs am Montagabend im Sender N24. Diese Szenarien sollten vom Bundesumweltministerium zusammen mit dem Wirtschaftsministerium unter dem Aspekt durchgerechnet werden, „dass wir in Deutschland Strompreise haben, die die Industrie bezahlen kann“.

CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich sagte, die Bitte, auch ein solches Szenario durchzuspielen, sei von den Wirtschaftspolitikern der Union gekommen. Es sei „wichtig, dass man so rechnet“.

„Totschlag für erneuerbare Energien“

Die schwarz-gelbe Regierung arbeitet derzeit an einem energiepolitischen Gesamtkonzept, auf dessen Grundlage ab Herbst die Entscheidung über die Laufzeiten für Kernkraftwerke in Deutschland getroffen werden soll. Dem bisherigen Regierungskompromiss zufolge sollte mit Laufzeitverlängerungen von fünf, zehn, 15 und 20 Jahren gerechnet werden. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte zunächst sogar Verlängerungszeiten von höchstens acht Jahren ins Spiel gebracht.

Die SPD reagierte empört auf den Vorstoß der Unionsfraktion. „Eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke auf bis zu 60 Jahre ist ein angekündigter Totschlag für die erneuerbaren Energien“, erklärte ihr Fraktionsvize Ulrich Kelber in Berlin. Für Verbraucher und Steuerzahler würde ein solcher Beschluss steigende Kosten bedeuten, fügte er hinzu.

„Union will Dinosauriertechnologie retten“

„Die Union will eine Dinosauriertechnologie retten, die ihre Zukunft schon lange hinter sich hat“, erklärte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), Hubert Weinzierl. Mit der Forderung, Atomkraftwerke 60 Jahre laufen zu lassen, würden „Innovationen blockiert und Beschäftigungschancen verspielt“. DNR-Präsidiumsmitglied Michael Müller kündigte verschärfte Proteste der Umweltbewegung an. Im DNR sind große deutsche Umweltverbände zusammengeschlossen.

Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt drängte dagegen erneut zu längeren Laufzeiten. „Kernkraftwerke, die wirtschaftlich arbeiten, sollten so lange laufen, wie sie sicher sind“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) der „Rheinischen Post“ vom Mittwoch. (afp)