Düsseldorf. .
Es war der letzte große Auftritt von Wulf Bernotat als Chef des größten deutschen Energieversorgers Eon. Also nutzte er die Eon-Bilanzpressekonferenz, um den Energiemarkt der Zukunft zu skizzieren. Die Verbraucher spielen dabei aus Sicht Bernotats eine wichtige Rolle.
Künftig werde Strom an mehr Orten erzeugt als bisher. „Dabei kann es sich um Mikrokraftwerke oder um Elektrofahrzeuge handeln, deren Batterien über Nacht Strom ins Netz abgeben“, sagte Bernotat. Haushaltsgeräte würden zudem so gebaut, dass sie zum Beispiel zu Zeiten liefen, wenn Strom günstiger sei. „Aus Verbrauchern werden so private Strommanager und zunehmend Stromproduzenten, aus Kunden und Abnehmern werden Partner der Energieunternehmen“, sagt der 61-Jährige, der demnächst den Chefsessel für seinen bisherigen Vize Johannes Teyssen (50) räumt. Damit dies alles Wirklichkeit wird, ruft der Konzernmanager auch nach dem Staat.
Die Stromverteilnetze müssten erneuert und ausgebaut werden – eine „echte Mammutaufgabe“. Um sie zu lösen, müssten sich Wettbewerbspolitiker, Ökonomen, Klima- und Umweltschützer zusammensetzen, um eine Energie- und Klimapolitik auszuarbeiten. Eons Forderung ist klar: Anreize für Investitionen. Denn bis 2020 könnten allein in Deutschland etwa 20 Milliarden Euro nötig sein, um die Stromnetze entsprechend zu gestalten. Das ist viel Geld, auch für die deutschen Branchenführer Eon und RWE.
Die Politik beeinflusst den Energiemarkt bereits in einem anderen Feld: den erneuerbaren Energien, die in vielen Ländern staatlich gefördert werden. Zugleich kostet es Kohlekraftwerksbetreiber wie Eon und RWE Milliarden, das Klimagas CO2 in die Luft zu pusten – allein Eon erzeugt 36 Prozent des Stroms aus Kohle. Kein Wunder, dass Eon und RWE stetig für Atomkraft werben. Die Baukosten für die Atomkraftwerke sind verdaut, diese Art der Stromerzeugung – bei Eon macht sie 24 Prozent aus – daher lukrativ.
So wirbt Bernotat für die „Kernenergie als Stabilisator“, um möglichst schnell erneuerbare Energien auszubauen. Die machen bei Eon bisher noch nicht einmal ein Zehntel der Stromproduktion aus, auch wenn der Konzern laut Bernotat derzeit jeden vierten Euro in den Ökostrom-Ausbau steckt. Eon sei hier „lange zögerlich“ gewesen, räumt der Konzernchef ein. Doch sei Ökostrom in weniger als zwei Jahren zu einem Kerngeschäft von Eon geworden. Die Verzögerung auch im Vergleich mit RWE ist Eons Internationalisierung geschuldet, die Bernotat vorantrieb: Eon bemühte sich lange, den spanischen Rivalen Endesa zu schlucken – der Energieriese war bereits im Ökostrom-Bereich tätig. Doch Eon scheiterte. Also musste der Düsseldorfer Versorger die Windkraft-Sparte selbst aufbauen. In die Welt des Solarstroms stieg Eon erst 2009 ein.
Im vergangenen Jahr machte Eon dann die weltweite Wirtschaftskrise zu schaffen. Da viele Industrieunternehmen die Produktion drosselten, sank die Stromnachfrage teils drastisch, wie Finanzvorstand Markus Schenck betonte. Unterm Strich steigerte Eon den Gewinn aber auf 8,6 Milliarden Euro. Dies gelang dem Konzern jedoch nur dank Sondereffekten. Unter anderem verkaufte Eon die Stadtwerke-Holding Thüga. Ohne die Sondereffekte sank der Überschuss um fünf Prozent. Das Ergebnis schmälerte auch ein Bußgeld von etwa 550 Millionen Euro, zu dem die EU-Kommission Eon wegen Preisabsprachen verdonnert hatte.
Was 2010 Eon bringt, ist laut Finanzchef Schenck angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise unklar. Trotzdem hofft er, dass Eon einen Überschuss (ohne Sondereffekte) wie 2009 erwirtschaften wird. Klar ist nur, dass Bernotat seinen Chefsessel an Vizechef Teyssen übergibt. Der saß gestern zwar auch in der Bilanzpressekonferenz, hielt sich aber sehr zurück – mit Aussagen zur Entwicklung von Eons Strompreisen ebenso wie zur Günstigstrom-Tochter „E wie Einfach“. Die verlor voriges Jahr etwa 100 000 Kunden. Die RWE-Billigtochter hatte dagegen rund 290 000 Kunden gewonnen.