Hannover. .

SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft Politikern von Union und FDP im Fall des Atommüllagers Asse schwere Versäumnisse vor. Viel zu spät sei die Asse unter das Atomrecht gestellt worden, weil sich die Politiker in den zuständigen Ministerien dagegen gesträubt hätten.

Im Asse-Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags hat SPD-Chef Sigmar Gabriel am Donnerstag Politikern von CDU/CSU und FDP sowie dem früheren Betreiber des Atommülllagers schwere Versäumnisse vorgeworfen. Das niedersächsische Umweltministerium unter Minister Hans-Heinrich Sander (FDP) und das von der CDU geführte Bundesforschungsministerium hätten sich bis 2008 dagegen gesträubt, das Bergwerk unter das Atomrecht zu stellen, sagte Gabriel. Von der CDU in Niedersachsen sei dieser Schritt ebenfalls verzögert worden.

Er selbst habe in seiner Funktion als Bundesumweltminister bereits 2006 um eine Prüfung gebeten, die Asse unter das strengere Atomrecht zu stellen, erklärte Gabriel weiter. Das Atommülllager bei Wolfenbüttel galt seit Beginn der Einlagerung radioaktiver Abfälle als Forschungsbergwerk, bis 2009 unterstand es dem Bergrecht.

Gabriel nennt Verhalten von Forschern „schamlos“

Erst, nachdem Mitte 2008 bekanntgeworden war, dass das Helmholtz-Zentrum radioaktiv kontaminierte Laugen in den tiefsten Bereichen des Bergwerks verklappt hatte, sei 2009 die Unterstellung der Asse unter das Atomrecht durchgesetzt worden. „So lange hat das gedauert, die waren immer dagegen“, sagte Gabriel. Der SPD-Politiker war von 2005 bis 2009 Bundesumweltminister, von 1999 bis 2003 war er Ministerpräsident in Niedersachsen.

Gabriel berichtete dem Ausschuss weiter, er habe als Schüler erstmals das Atommülllager Asse besucht. Schon damals habe er sich gewundert, dass radioaktive Abfälle in einer Grube gelagert würden, deren Nachbarschächte zuvor „abgesoffen“ seien. Die Schächte Asse I und Asse III waren vor Beginn der Einlagerung voll Wasser gelaufen. Wissenschaftler hätten damals jedoch versichert, dass keine Gefahr bestehe. Gabriel bezeichnete es als „schamlos“, dass einige Forscher ihre früheren Aussagen zur Sicherheit der Asse bis heute nicht korrigiert hätten.

Bei Bergung des Atommülls dränge die Zeit

Am Rande der Sitzung äußerte Gabriel den Verdacht, dass sein Amtsnachfolger Norbert Röttgen (CDU) die Bergung des Atommülls aus der Asse verzögere. Es gebe Signale aus dem Ministerium, „dass da auf Zeit gespielt wird“, sagte Gabriel. Die Zeit dränge aber, weil die Standsicherheit des Bergwerks nach derzeitigem Kenntnisstand nur bis 2020 gegeben sei. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das seit 2009 Asse-Betreiber ist, hatte sich nach einem Optionenvergleich für die Rückholung des Atommülls ausgesprochen. (ddp)