Ulm. Diesmal beginnt der neue Tag für die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) schon vor der Zeit. Ein neuer Morgen kündigt sich an, aber er muss noch 24 Stunden lang warten, bis er offiziell mitgerechnet wird. Die neue Zeitrechnung startete am Dienstag um Punkt 10.39 Uhr.

Da wurde das erste Ergebnis für die Wahl in den neuen Rat, die „Regierung” der EKD, verkündet. Margot Käßmann, Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, wurde als einzige von 22 Kandidaten gleich im ersten Wahlgang mit einem Rekord-Ergebnis in den Rat gewählt. 103 von 145 Synodalen hatten für sie gestimmt. Das Kirchenparlament stand Kopf vor Begeisterung. Der Beifall wollte überhaupt nicht enden.

Die zierliche Frau, ganz in Schwarz gekleidet, erhob sich, sichtlich überwältigt. Ein klares Votum war erwartet worden. Aber ein so deutliches Ergebnis hat dann doch überrascht. Wenn der neu gewählte Rat heute aus seinen Reihen den Vorsitz vergibt, ist er an dieses Signal gebunden. Das Konklave, wie die Papstwahl in der katholischen Kirche heißt, ist entschieden. Heute früh steigt – wenn der Himmel nicht einbricht – weißer Rauch auf. Margot Käßmann ist dann „Päpstin” der Protestanten.

Sofort nach der Wahl breitet sich eine ungewohnt gelöste Stimmung aus. Die Synode macht eine Pause. Auf den Fluren sieht man förmlich, wie die Spannung abblättert. Oft heißt es, die Kirche könne „stolz” sein auf die künftige Vorsitzende. „Ganz vereinzelte Stimmen” gebe es, sagt der rheinische Präses Nikolaus Schneider, die es kritisch sähen, dass die 51-jährige Bischöfin geschieden ist.

Ethik des Scheiterns

Sie könne ihrer Vorbild-Funktion nicht gerecht werden, meinten sie. „Aber es gibt auch eine Ethik des Scheiterns”, hält Schneider dem entgegen. „Und: Was heißt Vorbild? Man kann auch im Scheitern Vorbild sein.”

Eindeutig war die Synode aber nicht nur bei Margot Käßmann. Eindeutig war sie auch bei anderen Kandidaten. Im ersten Wahlgang haben fast alle Bischöfe eine satte Abfuhr erhalten, sie brauchten mehrere Anläufe – mit einer Ausnahme: Nikolaus Schneider. Er erhielt auf Anhieb das drittbeste Ergebnis, im zweiten Wahlgang schaffte er den Einzug.

Mit ihm gelang das so glatt nur noch Elke Eisenschmidt, 27-jährige Doktorin der Mathematik aus Magdeburg. Sie hatte am Sonntagabend eine bestechend frische Vorstellung hingelegt. Nun hat sie alle Chancen, zu einem neuen Star in der EKD zu werden.