Karrieren nehmen gelegentlich ungeahnte Wendungen - gerade in der Politik. Dies beweisen aktuell gleich mehrere Fälle. Eine Geschichte von Auf- und Absteigern.

Muammar al-Gaddafi liebte stets den großen Auftritt. Das war schon in den 80er Jahren so, als der libysche Staatschef sich als großer Gegenspieler Amerikas inszenierte und US-Präsident Ronald Reagan seine Bomber gegen den Terroristenfreund losschickte, um militärische Einrichtungen in Libyen angreifen zu lassen. Doch diese dunklen Zeiten sind vorbei. Inzwischen hat der streitbare Armee-Oberst dem Terrorismus abgeschworen und wird in den Hauptstädten der Welt wieder hofiert. Vom finstren Terror-Paten mutierte Gaddafi zum gern gesehenen Staatsgast.

Effektvolle Auftritte

Letztes Jahr schlug der gealterte Beduine sein Zelt in Paris auf, jetzt war Rom an der Reihe. Gaddafi hat sein Faible für effektvolle Auftritte nicht verloren. In Gala-Uniform, ordenbehangen, das Haar leicht wirr, die Augen von einer zu groß geratenen Sonnenbrille bedeckt, umgeben von gestreng dreinblickenden Damen seiner ausschließlich weiblichen Leibgarde, mithin in vollem Wichs, stolzierte er auf dem römischen Flughafen die Gangway hinunter, wo schon Silvio Berlusconi auf dem roten Teppich seiner harrte und den Gast aus der ehemaligen Kolonie wie einen verlorenen Sohn an seine Brust drückte. Da hatten sich zwei gefunden.

Doch nicht immer werden derartige Wandlungen, wie bei Gaddafi, auf der großen Weltbühne zelebriert. Auch das Provinztheater bietet manch sehenswerte Aufführung. Blicken wir nur nach Bayern. Dort inszenierte sich vor knapp zwei Jahren eine Landrätin aus Fürth als Jeanne d’Arc der CSU und brachte den großen Edmund Stoiber zu Fall. Es folgten Auftritte als Fotomodel, wahlweise in Dirndl oder Latex, der politische Absturz von der Hoffnungsträgerin zur nervenden Querulantin, schließlich fand Gabriele Pauli eine neue Heimat im Münchner Landtag bei den Freien Wählern.

Dauerbeleidigte Leberwurst

Allein dies ist schon eine bemerkenswerte Laufbahn binnen so kurzer Zeit. Doch Frau Pauli reicht das offenbar nicht. Sie plant schon den nächsten Karriereschritt. Zur Bundestagswahl, so kündigte sie jetzt vollmundig an, werde sie mit einer eigenen Partei antreten. Der Erfolg ist zweifelhaft, immerhin scheiterte Pauli gerade kläglich mit ihrem Versuch, sich ins Europaparlament wählen zu lassen.

Eigentlich schade. Denn dort, in Brüssel, hätte die Ex-Landrätin im Erfolgsfall womöglich die Chance gehabt, einen anderen Job-Hopper kennen zu lernen. Für den Posten des EU-Industriekommissars ist nämlich, neben anderen inoffiziellen Aspiranten, der CDU-Mann Friedrich Merz im Gespräch. Der Fachmann für Wirtschaftspolitik galt lange als Hoffnungsträger der Union und war von 2000 bis 2002 Bundestagsfraktionschef, ehe er sich mit Angela Merkel überwarf. Merz zog sich daraufhin schmollend in seine sauerländische Heimat zurück und gefällt sich dort in der Rolle der dauerbeleidigten Leberwurst.

Wieder im Gespräch

Nun, siehe da, ist Merz also wieder im Gespräch. Doch die Zahl der Kandidaten für den Top-Job in Brüssel ist enorm. Peter Hintze, einst CDU-Generalsekretär unter Helmut Kohl und seit dessen Abgang im Bundestag abgetaucht, ist ebenso im Gespräch wie der amtierende Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble oder der Europapolitiker Elmar Brok und manch anderer.

Da kommt mir ein Gedanke. Wie wäre es, wenn man den alten Haudegen Gaddafi fragen würde, ob er nicht vielleicht Lust hätte, als EU-Kommissar...