Essen. Wenige Politiker sind so schlagfertig wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Nun wird sie für ihren Einsatz gegen Judenhass gelobt und ist sprachlos.

In Düsseldorf wird die bekannte Verteidigungspolitikern Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP)für ihren Einsatz gegen Antisemitismus geehrt. Am Donnerstagabend erhält sie die Josef-Neuberger-Medaille, die die Jüdischen Gemeinde Düsseldorf seit 1991 an Personen oder Institutionen verleiht, die sich um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht haben. Der Schauspieler und Entertainer Hape Kerkeling hält die Laudatio. Kurz vor der Verleihung spricht die FDP-Politikerin über die Auszeichnung und unterschwelligen Antisemitismus.

Frau Strack-Zimmermann, was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung in diesen Tagen?

Das ist für mich ein Geschenk, gerade in diesen Zeiten. Ich hatte bereits in meiner kommunalpolitischen Arbeit immer viel Kontakt mit der Jüdischen Gemeinde. Als ich jetzt gefragt wurde, war ich allerdings sprachlos. Und wer mich kennt, weiß, das passiert selten.

Die Gemeinde würdigt Ihren Einsatz zum Abbau von Vorurteilen und dem Wachhalten der Erinnerungen an den Holocaust. Fällt Ihnen das wenige Wochen nach dem Terrorangriff in Israel leichter oder schwerer?

Es ist mir nie schwergefallen. Ich bin in einem Elternhaus groß geworden, in dem meine Geschwister und ich sehr sensibilisiert worden sind, dass der Antisemitismus lebt und irgendwann wieder salonfähig ist. Die Lage heute einzuordnen, ist bedingt durch die sozialen Netzwerke allerdings sehr komplex. Unsere Aussage, dass die Verfolgung der Juden nie wieder geschehen darf, verkommt zu einer Plattitüde, wenn wir in der jetzigen Situation nicht an der Seite, vor und hinter unseren jüdischen Nachbarn stehen.

Glauben Sie, dass der Nahost-Krieg bislang verborgenen Antisemitismus freisetzt und die Bedrohung der jüdischen Mitmenschen größer wird?

Ich gehöre nicht zu denen, die Panik machen, aber ich befürchte ja. Mich schockiert und überrascht, mit welcher Härte sich dieser Judenhass in Deutschland gerade entlädt. Dem müssen wir alle etwas entgegenhalten, übrigens auch rechtsstaatlich. Man muss heute deutlich stärker wieder daran erinnern, warum es den Staat Israel gibt, nämlich als Folge der Shoah, damit es einen sicheren Ort für Juden und Jüdinnen auf der Welt gibt. Dieser Terrorangriff der Hamas ist so grauenvoll, dass ich ein wirklich großes Problem damit habe, wenn mir Leute begegnen und lapidar sagen: „Ja, aber“. Solch einen Massenmord an einem Tag an Juden und Jüdinnen hat es seit der Shoah nicht mehr gegeben. Da gibt es kein „Ja, aber“.

Wann erleben Sie Antisemitismus?

Der subtile unterschwellige Antisemitismus geht quer durch die Gesellschaft. In meiner Gegenwart sagte jemand vor Kurzem, dass die Amerikaner an der Seite Israels stünden, sei ja klar. Diese Solidarität würde ja auch mit „Judengeld“ finanziert. Unfassbar. Ich habe darauf sehr deutlich reagiert. Das sollten wir alle, ist man auch noch so müde, ist das Fest, auf dem man sich gerade aufhält auch noch so schön. Das ist unsere Pflicht, wenn wir alle auch in Zukunft weiter in Frieden, Freiheit und Respekt miteinander leben wollen.