Peking. Am Freitag beginnen die Olympischen Winterspiele in Peking. Die wohl abgeschirmteste Großveranstaltung in der Geschichte des Sports.
Mitten in Peking herrscht Corona-Ausnahmezustand. Hinter grünen Trennwänden, teils durch Stacheldraht verstärkt, ragt das Hotel Kunlun 29 Stockwerke in den strahlend blauen Himmel. Das retrofuturistische Bauwerk ist seit nunmehr knapp zwei Wochen Teil der olympischen Blase.
Es beherbergt mehrere Hundert der 11.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Olympischen Winterspiele. Der Eingang ist verriegelt. Vor dem Gebäude stehen Polizeiwagen, Sicherheitsbeamte patrouillieren, Kameras sind aufgestellt. Nur ein kleines Fenster gibt den Blick nach innen frei: Dahinter steht ein Mann mit Maske, Schutzbrille und Gesichtsvisier.
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Olympische Spiele: China verfolgt eine Null-Covid-Strategie
Die an diesem Freitag startenden Olympischen Winterspiele in Peking sind die wohl abgeschirmteste Großveranstaltung in der Geschichte des internationalen Sports. Die ausländischen Gäste werden bereits am Flughafen von medizinischem Personal in Empfang genommen und sofort getestet.
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Anschließend werden sie hinter Zäunen verbarrikadiert und vom Rest der Bevölkerung getrennt. China verfolgt eine Null-Covid-Strategie. Die Zahl der Neuinfektionen soll mit allen Mitteln gegen null gedrückt werden. Sobald es in einer Millionenmetropole zu wenigen Ansteckungen kommt, heißt es für die Einwohner: totaler Lockdown. Absolute Kontrolle steht über allem. Datenschutz ist ein Fremdwort.
In der Volksrepublik werden bereits seit über anderthalb Jahren sämtliche Corona-Informationen wie Impfstatus und Reiseprotokoll in einer Gesundheits-App gespeichert. Bei vielen internationalen Teilnehmern der Olympischen Winterspiele löste die verpflichtende „My2022“-App großes Unbehagen aus: Die Olympia-Anwendung für das Smartphone enthält nicht nur relevante Informationen rund um die Spiele, sondern wird auch zum Eintragen der täglichen Körpertemperaturmessungen und PCR-Testergebnisse verwendet.
Verpflichtende App ist "hochproblematisch"
Das renommierte „Citizen Lab“ aus Toronto (Kanada) prangerte dies als hochproblematisch an: Die Verschlüsselung der Daten sei mangelhaft, Sprachnachrichten seien nicht sicher. Besonders heikel: Die App soll auch eine Liste mit potenziellen „Trigger-Wörtern“ enthalten, um die Zensurbehörden zu warnen – darunter „Xinjiang“ oder „Tibet“.
Nun hat ein IT-Experte aus Texas die Smartphone-Anwendung in sämtliche Einzelteile auseinandergenommen und sich auch den Code genauer angeschaut. „Reverse Engineering“ nennt man das in der Fachsprache. Was Jonathan Scott herausfand: Die App verwende nachweislich Technologie des teils staatlichen Unternehmens „iFlytek“, das von Washington auf die schwarze Liste gesetzt wurde.
Denn die Firma aus dem zentralchinesischen Hefei soll aktiv dabei mithelfen, Chinas Überwachung der muslimischen Minderheit der Uighuren in Xinjiang zu unterstützen. Dort unterhält die Volksrepublik ein System aus politischen Umerziehungslagern, das laut Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen bereits mehrere Hunderttausend Muslime durchlaufen mussten. Zudem hat Scott nachgewiesen, dass sämtliche Audioaufnahmen der Olympia-Teilnehmer mit der App „gesammelt und analysiert“ werden können.
Olympischen Sommerspiele 2008: Hoffnung auf Öffnung
Verschiedene Nationale Olympische Komitees haben reagiert: Die Niederlande haben ihre Athletinnen und Athleten angewiesen, private Telefone zu Hause zu lassen. Der Deutsche Olympische Sportbund empfiehlt, dass die App nur im Flugmodus genutzt werden solle.
Die Volksrepublik hat in den letzten Jahren eine autoritäre Entwicklung eingeschlagen. Der Kontrast zu 2008, als Peking die Olympischen Sommerspiele ausgetragen hatte, könnte größer nicht sein: Der damalige US-Präsident George W. Bush sprach davon, dass China dabei sei, „in ein neues Zeitalter zu sprinten“.
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Die ganze Welt schaute damals auf Peking, und Peking hieß die Welt willkommen: Nicht nur der Andrang internationaler Staatsvertreter und Journalisten war groß – auch deren Hoffnung auf eine weitere Öffnung der Volksrepublik.
Ai Weiwei sitzt heute im Exil
Doch die Träume haben sich 2022 zerschlagen. Nur handverlesenes Publikum ist, je nach aktueller Pandemie-Lage, erlaubt. Da passt auch ins Bild, dass der Designer des Pekinger „Vogelnest“-Stadions, in das wie auch 2008 die Athleten bei der Eröffnung der Spiele einlaufen werden, mittlerweile im portugiesischen Exil sitzt: Der Künstler Ai Weiwei ist in seiner Heimat längst eine persona non grata.
Wie sich das politische Klima gewandelt hat, wird auch im aktuellen Bericht des Pekinger Auslandskorrespondentenclubs (FCCC) deutlich. Dieser liest sich noch niederschmetternder als im Vorjahr: „Der FCCC ist besorgt über das halsbrecherische Tempo, mit dem die Medienfreiheit in China abnimmt“, heißt es.
Medienleute haben nach Einschüchterungskampagnen China verlassen
Mehrere Medienleute haben das Land verlassen – aufgrund von Einschüchterungskampagnen oder schlicht wegen Corona-bedingt erschwerten Einreisebedingungen. Viele Journalisten setzen ihre Berichterstattung über China von Taipeh oder Seoul aus fort.
Der Staatsapparat in Peking fühlt sich mittlerweile mächtig genug, die Schmähstimmen aus dem Westen wie Störgeräusche einfach auszublenden. Das Narrativ der Winterspiele möchte man höchst selbst bestimmen: Eine neue Weltmacht, die von der internationalen Staatengemeinschaft für ihren rasanten Aufstieg bewundert wird. Zumindest innerhalb der eigenen Landesgrenzen wird diese Botschaft auch verfangen.
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