Berlin. Die meisten Lehrerinnen und Lehrer wollen sich gegen Corona impfen lassen - doch was ist mit Skeptikern und Impfgegnern in den Schulen?
Die Impfbereitschaft der Deutschen ist nur mittelprächtig: Zwei von drei wollen sich auf jeden Fall gegen Corona impfen lassen. Die anderen zögern oder lehnen es komplett ab. Doch lässt sich die Pandemie beenden, wenn mehr als 30 Prozent ohne Impfschutz sind? Und was bedeutet es etwa für Schulen und Kitas, wenn sich Lehrerinnen und Lehrer oder Erzieherinnen und Erzieher nicht impfen lassen wollen?
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Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ahnt, dass spätestens im Sommer der Moment kommt, in dem es nicht mehr darum geht, die Impfwilligen mit Impfstoff zu versorgen, sondern die Impfunwilligen vom Impfen zu überzeugen. „Es kommt dann die Phase, wo es um die geht, die noch unsicher sind, die Fragen haben, denen der Aufwand zu hoch ist.“ Lesen Sie auch: Corona-Regeln: Bekommen Geimpfte jetzt mehr Freiheiten?
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Spahn hofft auf Peer Pressure, den Gruppendruck, der entsteht, wenn alle anderen im eigenen Umfeld zum Impfen gehen. Das könnte auch für den einen oder anderen Lehrer gelten. Denn: Auch hier gibt es keine hundertprozentige Zustimmung zur Corona-Impfung.
Wie groß ist die Impfbereitschaft unter Lehrern?
Mangels gesicherter Zahlen verweisen Lehrervertreter auf Beispiele. Heinz-Peter Meidinger vom Deutschen Lehrerverband beobachtet seit Wochen die Entwicklung in München: Die Stadt habe ein eigenes Impfzentrum für alle Lehrkräfte und Kitaerzieherinnen eingerichtet, die in der zweiten Prioritätsgruppe eingestuft sind – insgesamt rund 30.000 Pädagogen. Von Anfang März bis Ende April sollten dort täglich 1000 Personen geimpft werden.
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Zunächst wurde dort Astrazeneca angeboten, später dann auf Biontech umgestellt. „Seit Mitte April sind die Zahlen allerdings deutlich zurückgegangen“, sagt Meidinger. „Welche Ursachen dafür verantwortlich sind, weiß ich nicht. Vielleicht spielt auch die Debatte um Impfkomplikationen eine Rolle.“
Von 95 Lehrern eines bayrischen Gymnasiums meldeten sich 80 fürs Impfen
Stefan Düll, Vizevorsitzender des Deutschen Philologenverbands, ist Schulleiter im bayrischen Neusäß, in der Nähe von Augsburg. Als es Anfang April das Angebot vom örtlichen Gesundheitszentrum gab, alle Lehrer seines Gymnasiums zu impfen, erstellte Düll eine Liste. 80 von 95 Lehrerinnen und Lehrer meldeten sich sofort an.
Die anderen? Düll weiß es nicht. Möglich, dass sie sich die Impfung auf anderem Weg holen. Immerhin liege in seiner Schule die Impfbereitschaft damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt.
Lehrerverbandspräsident: „Es gibt auch ein paar militante Impfgegner“
„Ich habe grundsätzlich den Eindruck, dass die Impfbereitschaft unter Lehrern nicht geringer, sondern eher sogar noch höher ist als in anderen Berufsgruppen“, sagt Lehrerverbandschef Meidinger. „Aber es gibt natürlich auch unter Lehrern Impfskeptiker. Und es gibt auch ein paar militante Impfgegner. Das haben wir gesehen, als die Masernimpfpflicht für das Lehrpersonal eingeführt wurde.“
Man müsse die Entwicklung in den nächsten Wochen gut beobachten. Auf die Frage, ob bei Corona genauso wie bei den Masern eine berufsspezifische Impfpflicht für Lehrer nötig werden könnte, antwortet Meidinger zurückhaltend: „Wir setzen darauf, dass auch ohne Impfpflicht sich die übergroße Mehrheit der Lehrkräfte impfen lassen wird.“
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Bildungsgewerkschaft fordert schnellere Impfung für Lehrer
Marlies Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ist zuversichtlich: „Die Impfbereitschaft bei den Lehrkräften ist sehr hoch. Offenbar höher als im Durchschnitt der Bevölkerung.“ Die große Impfbereitschaft erkläre sich auch aus dem Druck, der entstehe, weil Lehrkräfte häufig in kleinen Klassenräumen mit vielen Kindern unterrichteten.
Die GEW sorgt sich deswegen weniger um impfunwillige Lehrer als um Impfwillige, die in vielen Bundesländern noch nicht an der Reihe sind: Bisher sind die Lehrkräfte an Grund- und Förder- bzw. Sonderschulen in der Impf-Priorisierungsgruppe 2 eingeordnet, alle anderen Lehrkräfte an allgemein- und berufsbildenden Schulen in der Gruppe 3.
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„Wenn Schulen, wie jetzt im überarbeiteten Infektionsschutzgesetz verankert, bis zu einem Inzidenzwert von 165 geöffnet bleiben müssen, ist es notwendig, auch alle anderen Lehrkräfte in die Impf-Priorisierungsgruppe 2 vorzuziehen“, fordert Tepe. Wer öffne, müsse auch impfen. Lesen Sie auch: Notbremse für Schulen und Kitas: Wann müssen sie schließen?
Risiko Schule: Die Abschlussklassen kommen auch bei hohen Fallzahlen zum Unterricht
Udo Beckmann, Vorsitzender der Bildungsgewerkschaft VBE, sorgt sich vor allem um die Lehrer, die trotz allgemeiner Schulschließungen in die Schule müssen. In Regionen mit hohen Fallzahlen kommen schließlich auch weiterhin die Abschlussklassen zum Präsenzunterricht.
„Die Sekundarschullehrkräfte begeben sich also in Hochinzidenzgebieten weiter in die Schulen, ohne angemessen geimpft zu werden. Da müssen die Länder schnellstmöglich nacharbeiten.“