Berlin. Das Bundeskabinett hat entschieden: Bald gibt es Erleichterungen für Corona-Geimpfte. Lesen Sie hier, was auf Deutschland zukommt.

  • Das Bundeskabinett hat Erleichterungen für gegen Corona Geimpfte beschlossen
  • Schon ab dem kommenden Wochenende sollen die Impfprivilegien gelten
  • Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick

Nach langen Diskussionen ging es dann doch ganz schnell: Das Bundeskabinett hat Erleichterungen für all jene beschlossen, die vollständig gegen das Corona-Virus geimpft sind. Nur noch Bundestag und Bundesrat müssen den Impfprivilegien noch zustimmen. Am Donnerstag soll das Parlament, am Freitag der Bundesrat über die Erleichterungen für vollständig Geimpfte abstimmen.

Der Kabinettsbeschluss sieht folgende Erleichterungen für geimpfte Personen vor:

  • Sie sollen von Auflagen für private Treffen und nächtlichen Ausgangssperren ausgenommen werden
  • Wo derzeit Schnelltests erwartet werden, sollen Geimpfte und Genesene diese Tests nicht mehr vorlegen müssen
  • Auch die Pflichtquarantäne nach der Einreise aus dem Ausland soll wegfallen

Mehrere Bundesländer haben Teile dieser Regelung bereits umgesetzt und Geimpfte mit Getesteten gleichgestellt. Doch es bleiben viele offene Fragen.

Können Geimpfte andere mit Corona infzieren?

„Die Virusausscheidung Geimpfter ist stark reduziert, aber ein Restrisiko bleibt“, sagt Lothar Wieler, Chef des Robert Koch-Instituts. Die Experten des RKI gehen davon aus, dass die das Risiko einer Virusweitergabe bei vollständig Geimpften spätestens ab dem 15. Tag nach Gabe der zweiten Impfdosis geringer ist als bei Personen mit einem negativen Antigen-Schnelltest. Die RKI-Empfehlung gilt als wichtigste Grundlage für die Entscheidung, Geimpfte nicht nur mit frisch Getesteten gleich zu stellen, sondern ihnen sogar noch deutlich weitere Erleichterungen zu gewähren.

Hundertprozentige Sicherheit gibt es jedoch nicht: Immer wieder kam es in den vergangenen Wochen zu Fällen, wo sich Geimpfte infiziert hatten. Diese hatten zwar in der Regel keine oder nur leichte Symptome, dennoch schließen Forscher wie der Frankfurter Virologe Martin Stürmer nicht aus, dass eine Virusübertragung im Einzelfall denkbar ist.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt neben Markus Söder (CSU, l), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, und Michael Müller (r, SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, zu der Pressekonferenz nach dem Impfgipfel im Kanzleramt
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt neben Markus Söder (CSU, l), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, und Michael Müller (r, SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, zu der Pressekonferenz nach dem Impfgipfel im Kanzleramt © dpa | Michael Kappeler

Wie sollen Geimpfte ihre Impfung nachweisen?

Spätestens Ende Juni, zum Beginn der Sommerferien, soll eine Impfung nicht nur mit einem Eintrag im gelben Impfheft nachgewiesen werden können, sondern auch digital auf Smartphones. Wer kein Smartphone hat, kann einen Ausdruck der digital lesbaren Impfbescheinigung als QR-Code auf Papier bekommen. Soweit der Plan.

In der Praxis gibt es in den Bundesländern, in denen jetzt schon Lockerungen für Geimpfte gelten, viel Verwirrung: „Die Impfbescheinigungen sehen im Augenblick alle unterschiedlich aus, ungeschulte Mitarbeiter in Geschäften oder Friseursalons müssen auf dieser Basis entscheiden, ob jemand einen ausreichenden Impfstatus hat oder nicht. Es herrscht großes Durcheinander“, beobachtet Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Die Politik dürfe nicht den zweiten Schritt vor dem ersten gehen: „Bevor es bundesweit Erleichterungen für Geimpfte gibt, muss ein einheitliches Zertifikat als Impfnachweis eingeführt werden.“ Das Zertifikat müsse unbedingt fälschungssicher sein.

Werden Geimpfte in Zukunft nicht mehr getestet?

Geimpfte sollen mit frisch Getesteten gleichgestellt werden. Heißt: Überall dort, wo man nur mit negativem Testergebnis Zugang hat oder wo regelmäßige Tests verpflichtend sind, sollen Geimpfte von der Testung befreit werden. Beispiel Einreise: Laut Spahn soll jetzt die Pflicht zu Test und Quarantäne bei Rückkehrern aus Risikogebieten entfallen.

Die Amtsärzte finden das hochproblematisch: „Geimpfte müssen unbedingt weiterhin getestet werden“, fordert Verbandschefin Teichert. „Es wäre fatal, wenn Geimpfte und Genesene künftig von allen Testpflichten etwa bei der Einreise ausgenommen würden.“ Ohne umfassende Tests verliere man den Überblick über das Infektionsgeschehen – gerade auch mit Blick auf Virusvarianten. „Wenn wir Reiserückkehrer nicht mehr testen, wissen wir nicht, ob sie Mutanten einschleppen.“ Auch die verpflichtenden Tests in den Schulen sollten für Geimpfte fortgeführt werden, so Teichert.

Droht durch die Impfungen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft?

Die einen feiern Partys mit Dutzenden Geimpften, gehen unkompliziert einkaufen und bewegen sich frei in ganz Europa. Die anderen warten weiter, dass sie beim Impfen an der Reihe sind und sind neidisch. So lautet die große Sorge, so klingt es oft in sozialen Netzwerken. Genau darum gab es massive Bedenken, Geimpften schon jetzt ihre Freiheitsrechte zurückzugeben.

Das plötzlich hohe Tempo im liegt nun vor allem daran, dass beim Bundesverfassungsgericht Hunderte Klagen gegen die harte Bundes-Notbremse, gegen die Ausgangssperren eingegangen sind. Merkel und Co. wollen den Karlsruher Richtern zuvorkommen, und nicht die Blamage riskieren, dass das oberste Gericht der Regierung mit Blick auf die Geimpften verfassungswidriges Handeln vorwirft.