Berlin. In den nächsten Wochen entscheidet sich, wer der nächste Kanzlerkandidat der Union wird. So steht es um Armin Laschets Kanzler-Chancen.

Es war ein Fernduell, welches sich Armin Laschet und Markus Söder am Dienstagvormittag lieferten: Während der CDU-Chef in der Berliner Parteizentrale den Startschuss für eine Mitgliederbeteiligung am Wahlprogramm gab, lud der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident nur kurze Zeit später in München nach dem bayerischen Impfgipfel zur Pressekonferenz.

Zwei Auftritte mit Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschieden. Sowohl der CDU-Chef als auch der CSU-Vorsitzende präsentierten sich als Macher mit Führungsanspruch. Doch während Laschet den Blick auf die Zeit nach Corona richtete, war die Pandemie bei Söder der große Schwerpunkt.

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Aber der Reihe nach: Um elf Uhr trat Laschet im Konrad-Adenauer-Haus ans Rednerpult. Zuvor war ein gefühliger Einspieler gezeigt worden, der die Pandemie mit Bildern eines Sonnenaufgangs illustrierte. Die Botschaft: Noch sind wir in der Finsternis, aber bald werden bessere Zeiten kommen.

Laschet: So sollen wieder bessere Zeiten kommen

25 Minuten lang erläuterte Laschet anschließend, wie er sich diese vorstellt. Mit weniger Bürokratie, mehr Bildungschancen, mehr Digitalisierung und mehr Unternehmermut. Deutschland sei „zu bequem“ geworden, klagte er, habe sich wirtschaftlich zu sehr abhängig von anderen gemacht. Deutschland müsse wieder wie früher Marktführer bei der Arzneimittelproduktion („Apotheke Europas“) werden, statt in Krisenzeiten bei China um Masken „betteln“ zu müssen.

„Ein ‚Weiter so‘ darf es nicht geben“, sagte Laschet. „Wir brauchen einen Kulturwandel.“ Das erinnert an die Losung von der „geistig-moralischen Wende“, die Helmut Kohl 1982 zu Beginn seiner Kanzlerschaft ausgab. Es ist ein erstes Abrücken von Angela Merkel. Laschets Rede war die eines Kanzlerkandidaten. Doch das ist der nordrhein-westfälische Ministerpräsident noch gar nicht.

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Einer, der auch Kanzlerambitionen hat, wählte am Dienstag eine andere Strategie: Um zwölf Uhr erklärte Söder in einer Pressekonferenz, wie er Bayern zum deutschen Impfmeister machen will. Bis Anfang Mai sollen 20 Prozent aller Bayern geimpft sein, alle Impfreserven sollen bis auf 10.000 Dosen aufgebraucht und bis Ende April auch die Betriebsärzte eingebunden werden.

Entscheidung über Kanzlerkandidatur zwischen Ostern und Pfingsten

Söder nutzte seinen Auftritt in München auch, um gegen Laschet zu stänkern. Er wünsche sich ein einheitliches Vorgehen von Bund und Ländern, sagte er. „Ich finde es auch sehr seltsam, wenn der CDU-Vorsitzende mit der CDU-Kanzlerin ein halbes Jahr vor der Wahl streitet.“ Angela Merkel hatte am Sonntag in der Sendung „Anne Will“ Laschets Corona-Politik kritisiert.

Laschet oder Söder: Zwischen Ostern und Pfingsten soll entschieden werden, wer der Kanzlerkandidat der Union wird.
Laschet oder Söder: Zwischen Ostern und Pfingsten soll entschieden werden, wer der Kanzlerkandidat der Union wird. © dpa | Guido Kirchner

„Zwischen Ostern und Pfingsten“ soll die Entscheidung fallen, wer für die Union als Kanzlerkandidat ins Rennen geht. So lautet die Formel, auf die sich Laschet und Söder verständigt haben. Ginge es nach den Umfragen, wäre der Fall klar. In ihnen liegt der bayerische Ministerpräsident weit vor dem CDU-Vorsitzenden.

Laut einer kürzlichen Befragung von Kantar Emnid für „Bild am Sonntag“ halten 43 Prozent der Bürger Söder für kanzlertauglich, bei Laschet sind es nur 18 Prozent. Unter Anhängern der Union ist die Begeisterung für einen Kanzler Söder sogar noch größer.

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Dennoch hat Laschet bessere Chancen, als es auf den ersten Blick scheint: Erst im Januar hatte er sich als CDU-Chef durchgesetzt. Würde ihm seine eigene Partei jetzt in der K-Frage die Unterstützung versagen, wäre er auch als Vorsitzender geschwächt. Eine erneute Führungskrise würde aber der ganzen CDU schaden. Ohnehin wünschen sich viele Christdemokraten, dass es einer aus den eigenen Reihen wird. Die Rufe nach Söder kommen deshalb bislang nur vereinzelt und auch nur aus der zweiten Reihe.

Hinter den Kulissen baut Laschet sein Netzwerk aus

Hinzu kommt, dass Laschet hinter den Kulissen fleißig am Netzwerken ist. Vergangene Woche holte er sich von den Kreisvorsitzenden in einer Videoschalte Rückendeckung, am Montag ließ er sich im selben Format von ostdeutschen CDU-Führungsfunktionären ihre Wünsche und Nöte schildern.

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Noch ist unklar, wo und wann sich Söder und Laschet nach Ostern zum entscheidenden Gespräch treffen. Vermutlich wird es zeitlich näher an Ostern denn an Pfingsten sein und auf „neutralem Boden“ zwischen Bayern und NRW stattfinden. Laschet wird Söder klarmachen, dass er kandidieren wird – und dem CSU-Chef ein Angebot machen. So könnte die CSU Im Falle eines Sieges der Union bei der Bundestagswahl den Erstzugriff bei der Wahl der Ministerien bekommen.

Kurz danach werden Laschet und Söder gemeinsam vor die Presse treten und Laschet zum Kanzlerkandidaten ausrufen. Armin Laschet weiß, dass dann der Kampf nicht vorbei ist. Der frühere CSU-Chef Franz Josef Strauß hat Helmut Kohl einmal als „Filzpantoffelpolitiker“ geschmäht und ihm selbst dann noch das Leben schwer gemacht, als ­dieser schon Kanzler war. Auch ­Söder wird sich nach einem Rückzug in der K-Frage die Rolle des besseren Kanzlerkandidaten nicht völlig nehmen lassen. Aber den ­Zweikampf hätte er fürs Erste verloren.

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