Berlin. Laschet oder Söder - Wer wird der Kanzlerkandidat? Das Machtvakuum tut den Unionsparteien nicht gut. Das beobachtet Miguel Sanches.

CDU und CSU sollten ihren Kanzlerkandidaten benennen, am besten gleich nach Ostern. Man vergibt sich nichts mit einer schnellen Entscheidung – Klarheit tut immer gut. Die Frage bis Pfingsten offenzuhalten hat nur Nachteile.

Erstens, es wird krampfig. Die Nervosität steigt. Die CSU arbeitet sich seit Wochen an Gesundheitsminister Spahn ab, am wichtigsten Mitstreiter von CDU-Chef Armin Laschet. Man schlägt den Sack und meint den Esel. Für Spahn gilt das alte Bonmot, Gott bewahre ihn vor seinen CSU-Freunden, mit seinen Feinden wird er schon fertig.

Am Dienstag griff CSU-Chef Markus Söder nun Laschet direkt an. Er finde es „sehr seltsam“, dass Laschet mit der Kanzlerin streite. Das trifft zu, aber das ging von Merkel aus. Sie hat ihren Vorsitzenden zur Ordnung gerufen, nicht umgekehrt.

Corona wird ein Thema des Wahlkampfs sein

Das führt zum zweiten Nachteil: Dass hinter jeder Sachentscheidung ein Machtkampf vermutet wird. Geht es noch um oder gar nur um die Pandemie oder vielmehr um Profilierung, um Bodengewinne im Kampf um die Kanzlerkandidatur? Das hätten die Bürger nicht verdient. Dafür ist die Krise zu ernst.

Die Sach- und die Machtfrage kann man schon deswegen schwer trennen, weil Corona absehbar ein Thema des Wahlkampfs sein wird, wahrscheinlich sogar das Thema schlechthin. Faktisch hat sich Merkel im Kompetenzstreit mit den Ländern mit der CSU und Bayern verbündet. Mehr zum Thema: Drosten über Lockdown: Uns bleibt nur noch der Holzhammer

Es ist kein Zufall, sondern ein abgekartetes Spiel, wenn sie sonntags Kompetenzen für den Bund anmahnt, anderntags von Söder gelobt wird und der CSU-Innenminister ihr die Blaupause zum Durchregieren liefert.

Miguel Sanches, Politik-Korrespondent.
Miguel Sanches, Politik-Korrespondent. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Parteivorsitz und Kanzlerschaft in einer Hand

Es geht zulasten von Laschet, der den CDU-Vorsitz angetreten hat, um Kanzler zu werden, was sonst? Wer von den Unionsschwestern sollte den ersten Zugriff haben, wenn nicht die größere CDU? Seit wann wedelt der Schwanz mit dem Hund?

Wenn Laschet nicht Kanzlerkandidat wird, wird es im Wahlkampf mitleiderregend. Danach hat er die Wahl, entweder die Scherben einzusammeln und zu kitten – im Falle einer Niederlage Söders. Oder sich komplett unterzuordnen. Ist Söder einmal zum Kanzler gewählt, erfährt er mit dem Amt einen Zuwachs an Macht und Autorität.

Es ist eigentlich immer schiefgegangen, wenn Parteivorsitz und Kanzlerschaft nicht in einer Hand lagen. Für die SPD-Kanzler Schmidt und Schröder war das ein Nachteil. Merkel hat sich auf diese Konstellation erst eingelassen, als sie sich zum Aufhören entschlossen hatte. Und mit dem Wissen von heute hätte sie wohl kaum den CDU-Vorsitz abgegeben.

Der Zauderer Armin Laschet als Kanzler – das sagt Markus Söder

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    An Laschet und Söder kleben Etiketten

    Laschet bleibt nichts anderes übrig, als die Kandidatur anzustreben. Nur dann herrscht Ruhe in der Union und wird die Geschlossenheit wiederhergestellt, die jede Partei zum Sieg braucht. „Chancen eröffnen, das ist die Republik, von der ich träume“, hat er zur Vorstellung einer Kampagne für das CDU-Programm gesagt. An der Ich-Form erkennt man den eigenen Gestaltungsehrgeiz.

    An Laschet wie Söder kleben Etiketten. Söder inszeniert sich als Mitglied des „Teams Vorsicht“. Mit Laschet verbindet sich eine positivere Botschaft: die Hoffnung auf Normalität. Ist die Repu­blik Ende September noch in Alarmstimmung, käme Söder wie gerufen. Er dringt urwüchsig nach ganz oben, hat mehr Tatendrang, wirkt entscheidungsfreudiger.

    Sind die meisten Bürger geimpft und haben sich die ärgsten Ängste erledigt, steht ein Neuanfang an und könnte eine Laschet-Wahl wie ein politisches Wetterleuchten sein. Aber wenn es im zersetzenden Stil weitergeht, bringen sich die Unionsparteien kollektiv um ihre Chancen. Dann kommen weder Laschet noch Söder zum Zug. Klarheit in der K-Frage ist das Gebot der Stunde. Ein Machtvakuum tut der Union nicht gut.