Washington. . Unter Joe Biden machen die USA Riesenschritte im Kampf gegen Corona. An dem Erfolg hat aber auch Ex-Präsident Trump seinen Anteil.

Schläfriger Joe”: So nannte ihn sein Herausforderer Donald Trump despektierlich im Wahlkampf. Acht Wochen nach Amtsantritt präsentiert sich Joe Biden (78) beim wichtigsten Thema - der Bekämpfung der Corona-Pandemie - hellwach. Der amerikanische Präsident hat den Impf-Turbo angeworfen.

Schon nach 60 Tagen, 40 Tage eher als von ihm bei Amtsantritt versprochen, waren über 100 Millionen Impfdosen gegen das Virus in den Oberarmen von Amerikanern gelandet. Täglich werden im Schnitt rund 2,5 Millionen Menschen zwischen Los Angeles und New York gepiekst. Ende April könnte die 200 Millionen-Marke erreicht sein.

Bis 1. Mai soll allen rund 260 Millionen erwachsenen Bürgern der USA ein Impf-Termin angeboten werden. Mitte Juni, sagen Experten der Katastrophenschutzbehörde Fema, könnten 70 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Dosis erhalten haben.

USA wollen Unabhängigkeit von Corona feiern

Fallen Rückschläge und Verweigerungs-Quoten gering aus, könnten die Vereinigten Staaten nach der „dunkelsten Zeit, die wir je erlebt haben” zum Independence Day am 4. Juli wieder in Maßen soziale Kontakte pflegen und auch ihre „Unabhängigkeit” vom Corona-Virus feiern, sagte Biden kürzlich bei einer TV-Ansprache an die Nation. Die Chancen dafür stehen, bei allen Unwägbarkeiten, nicht schlecht.

Die jüngsten Zahlen der Gesundheitsbehörde CDC (Stand Sonntag) weisen 81,4 Millionen Erst-Geimpfte aus. 44,1 Millionen Personen haben bereits beide Dosen erhalten. Insgesamt hat die Zentralregierung bisher rund 157 Millionen Impf-Fläschchen in die Regionen geliefert. Parallel gehen die Neu-Infektionen zurück, auch wenn sie sich noch auf einem hohen Plateau von zuletzt über 35.000 am Tag einpegeln. Kalifornien hat zurzeit ungefähr 3000 am Tag. Mitte Januar waren es in dem Westküsten-Bundesstaat noch über 40.000.

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    USA: Genug Impfstoff für die Nachbarn übrig

    Wie hat Joe Biden das gemacht? In Kurzform: Er hat geklotzt, nicht gekleckert. Seine Regierung hat die georderten Kontinente der Impf-Chargen um eine dreistellige Millionenzahl erhöht. Biontech/Pfizer, Moderna und Johnson & Johnson, die drei wichtigsten Konzerne, wollen bis Ende März zusammen 240 Millionen Dosen in den USA ausliefern. Bis Juli sollen es 800 Millionen sein.

    Auch eine Notfallzulassung des in Europa, besonders in Deutschland, kurzzeitig umstrittenen Vakzins von Astrazeneca könnte bald folgen. Eine aktuelle US-Studie, an der über 30.000 Menschen teilnahmen, hat dem Präparat Wirksamkeit von rund 80 Prozent bescheinigt und kein höheres Thrombose-Risiko ergeben.

    Die USA werden perspektivisch also in Impfstoffen schwimmen. Auch darum werden erste Lockerungen der in anderen Teilen der Welt kritisierten Export-Verbote sichtbar. Kanada und Mexiko, die Nachbarn im Süden und Norden, sollen in Kürze einige Millionen Impfdosen bekommen.

    Trumps „Operation Warp Speed“ leistete entscheidende Vorarbeit

    Ohne die Vorarbeit Donald Trumps, das bestätigen Experten der Seuchenschutzbehörde CDC, wäre die Lage „wahrscheinlich nicht so günstig”. Der Vorgänger-Präsident trage gewiss „Mitschuld" am Tod von mittlerweile über 540.000 Amerikanern, die Corona nicht überlebten, heißt es dort inoffiziell, aber ohne das von ihm vorangetriebene Projekt mit dem Namen „Operation Warp Speed” wäre man heute aufgeschmissen.

    Gemeint ist die früh mit hohen Milliardenbeträgen der öffentlichen Hand ausgerüstete Mission, um die Entwicklung, Herstellung und Verteilung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid 19 in den USA zu beschleunigen. Weil Trump findet, dass Biden das nicht ausreichend würdige, tut er es selbst: Aus seinem Florida-Domizil Mar-a-Lago ließ der Ex-Präsident erklären, dass ohne seine Führung in den USA wohl auch noch in fünf Jahren keine Corona-Impfstoffe zur Verfügung gestanden hätten. Eine Einschätzung, die im Umfeld des Chef-Epidemiologen der Regierung, Dr. Anthony Fauci, als „übertrieben” bis „abwegig” bezeichnet wird.

    Unter Bidens Führung, der sich anders als Trump eng an die Empfehlungen seiner Top-Wissenschaftler hält, wurden auch die Bundesstaaten, auf die es letztlich ankommt, zunehmend flexibler und mutiger. Galten vor wenigen Wochen noch strikte Zugangsvoraussetzungen nach Alter oder Berufsgruppe, so wollen in diesem und im nächsten Monat bereits 20 von 50 Bundesstaaten allen Erwachsenen die Möglichkeit zum Impf-„shot” geben. Die Frage also, ob jemand bestimmte Vorerkrankungen oder einen sogenannten „systemrelevanten Beruf” hat, wird sich schon bald komplett erübrigt haben - jeder, der will, bekommt die Impfung. Bis vor Kurzem war das nur in Alaska und Mississippi möglich.

    Vom Augen- bis zum Tierarzt: Alle dürfen impfen

    Um das Netz der Anlaufstellen zu vergrößern, sind neben Apotheken auch die Drogerie-Abteilungen der großen Supermarkt-Ketten, Kongresshallen, Feuerwachen, Schulen und Gemeinde-Zentren in Windeseile impffähig gemacht worden. Dabei kommen Tausende Nationalgardisten als Helfer zum Einsatz. Und im medizinischen Bereich geht man sozusagen interdisziplinär vor. Egal ob Augen-, Zahn-, Tier- oder Hausarzt - alle dürfen Impfspritzen setzen; auch Sanitäter und Medizinstudenten.

    In sozial prekären Stadtteilen, etwa im Südosten der Hauptstadt Washington, D.C., wurden an einer Kirche an der Alabama Avenue mobile Impf-Container installiert. Jerome Canter, einer der dort Verantwortlichen, sagte dieser Zeitung: „Das wird sehr gut angenommen hier in der Nachbarschaft. Bei den Leuten sickert wirklich ein, was Präsident Biden jeden Tag sagt: Jede einzelne Person, die den Impfstoff bekommt oder jede einzelne Person, die eine Maske trägt, bedeutet eine Option weniger für das Virus.”