Berlin. Der Start der Corona-Impfkampagne war zäh. Jetzt machen mehrere Faktoren Hoffnung auf Besserungen. Warum sich eine Wende abzeichnet.

Seit Monaten ist klar, dass Impfungen der wichtigste Schlüssel sind, um aus der Pandemie zu kommen. Doch die anfänglichen Hoffnungen auf schnelle Massenimpfungen verpufften in Deutschland schell: Erst gab es zu wenig Impfstoff, dann zu wenig Impfwillige und am Ende sogar übrig gebliebene Impfdosen.

Dennoch sieht es nun danach aus, als könne das Impfen bald den gewünschten Erfolg bringen. Die Todeszahlen unter Älteren sinken, die Zahl der verfügbaren Dosen steigt. In der EU wird bald ein vierter Impfstoff zugelassen, was Schutz für mehr Menschen bedeutet. Zudem soll künftig auch in Hausarztpraxen gegen Corona gespritzt werden. Der ersehnte Durchbruch beim Impfen scheint sich zu nähern.

Weniger Todesfälle dank Corona-Impfungen

Zu Beginn der Impfkampagne wurden vor allem Menschen über 80 in Pflege- und Altenheimen mit dem Corona-Vakzin versorgt. Sie zählen zur höchsten Prioritätsgruppe, da sie nach einer Infektion das höchste Risiko haben, an Covid-19 zu sterben. Inzwischen haben 70 Prozent von ihnen den vollen Impfschutz, 92 Prozent haben zumindest eine Erstimpfung erhalten. Die Infektionszahlen in dieser Altersgruppe liegen inzwischen unter dem bundesweiten Durchschnitt. Auch die Zahl der gemeldeten Corona-Todesfälle sind in den vergangenen Wochen deutlich zurückgegangen.

Die Impfungen zeigen offenbar eine positive Wirkung. Am Dienstag hatten die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 255 weitere Todesfälle sowie 4252 Neuinfektionen gemeldet. Zum Vergleich: Vor zwei Monaten, am 14. Januar, waren es 1244 neu hinzugekommene Todesfälle. Insgesamt sind in Deutschland laut Bundesgesundheitsministerium inzwischen 2,55 Millionen Personen vollständig, also mit zwei Impfdosen, geschützt. Das sind 3,1 Prozent der Bevölkerung. 5,35 Millionen Personen haben mindestens eine Impfdosis erhalten.

Corona-Todesfälle in Deutschland  pro Woche.
Corona-Todesfälle in Deutschland pro Woche. © funkegrafik nrw | Marc BüttnerMar Büttner

Neuer Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson

In der Europäischen Union sind bisher die Impfstoffe von Pfizer/Biontech, Moderna und Astrazeneca zugelassen. An diesem Donnerstag wird die europäische Arzneimittelbehörde EMA voraussichtlich auch die Zulassung des Impfstoffs des US-Herstellers Johnson&Johnson empfehlen. Es ist das erste Corona-Vakzin, bei dem nur eine Dosis nötig ist. Dies kann die Immunisierung von mehr Menschen beschleunigen. Zudem gilt seine Lagerung als einfacher, denn der Impfstoff muss nicht tiefgekühlt aufbewahrt werden. Dadurch ist er leichter in der Handhabung.

Weitere Abweichungen bei der Impfreihenfolge

Die Politik hat sich darauf verständigt, die anfangs sehr strenge Priorisierung von Impfgruppen zu lockern. So dürften nach den Hochrisikogruppen nun auch Lehrkräfte, pädagogisches Personal sowie Polizisten bevorzugt geimpft werden. Inzwischen werden auch weitergehende Abweichungen diskutiert.

Beteiligung von Hausärzten an der Impfkampagne

Ab Anfang April, vermutlich unmittelbar nach den Osterfeiertagen, sollen Impfungen auch in den Hausarztpraxen möglich sein. An diesem Mittwoch wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern den genauen Zeitpunkt für den Start bestimmen. Bereits jetzt laufen in vielen Regionen Modellversuche mit Impfungen bei niedergelassenen Ärzten.

„Das Impfen in den Praxen der niedergelassenen Haus- und Fachärzte wird der eigentliche Gamechanger sein“, sagte Stephan Hofmeister, der Vizevorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), unserer Redaktion. „Wir gehen davon aus, dass sich mindestens 50.000 Praxen beteiligen werden – Hausärzte und Fachärzte genauso.“ Wenn dort täglich 20 Personen geimpft würden, könnten so pro Woche fünf Millionen Menschen an die Reihe kommen, rechnen die Kassenärzte vor. Das Impfen sei ärztliche Routine – wie jedes Jahr bei den millionenfachen Grippeimpfungen, so Hofmeister.

Auch Betriebsärzte sollen gegen Corona impfen

Nach dem Willen der Politik sollen sich auch die rund 12.000 Betriebsärzte in Deutschland an den Impfungen beteiligen. Die Werksmediziner können nach eigenen Angaben etwa fünf Millionen Personen pro Monat impfen. Voraussetzung für das Funktionieren sei, dass die Lieferungen der Impfdosen „so engmaschig wie möglich erfolgen, da wir vor Ort keine Möglichkeiten haben, den Impfstoff tiefgekühlt zu lagern“, sagte die Vizepräsidentin des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte, Anette Wahl-Wachendorf, unserer Redaktion. Sie mahnte an, auch bei Impfungen in den Betrieben müsse „eine gewisse Priorisierung“ erhalten bleiben. Es sollten diejenigen Vorrang haben, „die in ihrem Berufsalltag das höchste Ansteckungsrisiko haben“, forderte die Medizinerin. Hingegen sollte es nicht dazu kommen, „dass der Chef beim Impfen als Erster an der Reihe ist, wenn er ständig im Homeoffice sitzt“.