Düsseldorf. Ministerpräsident Laschet verteidigte bei WDR 2 die harten Corona-Maßnahmen. Ob im Dezember gelockert wird, wollte er nicht versprechen.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wirkte geknickt, als er am Montagmorgen zur besten Radio-Sendezeit den WDR2-Hörern Rede und Antwort stehen sollte zum Start des erneuten Corona-Lockdown. Gastronomie, Kultureinrichtungen, Sportvereine – alles zu. Es sei „bedrückend“, räumte der Ministerpräsident mit leiser Stimme ein. Dazu Herbst-Wetter und November-Blues. „Schön ist es nicht, das können Sie mir glauben“, so Laschet. Ob die harten Corona-Maßnahmen wirklich angemessen und gerecht sind, wann Besserung winkt – der Regierungschef musste noch einmal grundsätzlich einiges erklären.
Laschet zu Teil-Lockdown: Es geht ums Prinzip
Härtefälle: Laschet wird aktuell offenbar laufend mit gefühlten oder tatsächlichen Ungerechtigkeiten bei der umfassenden Schließungs- und Verbotspolitik konfrontiert. Zum Beispiel verstehen Musiklehrer nicht, warum sie nachmittags keinen Einzelunterricht mehr in exakt jenen Klassenräumen erteilen dürfen, in denen morgens 30 Kinder normale Schulstunden haben. Es gehe ums Prinzip, im November möglichst alles außer Bildung und Arbeit zu unterlassen, so Laschet. „Wenn die Musikschule geht, könnte man ja auch sagen, warum darf denn nicht in der Halle Einzelsport gemacht werden und es gibt dann wieder so viele Ausnahmen, dass es nur schaffbar ist, wenn für alle die gleichen Regeln gelten.“
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Andere Länder lassen Musikschulen jedoch geöffnet. Laschet bekannte: „Es wird bei all den Fällen, die wir nun überall im Land hören, viele geben, wo man sagt, das ist doch nicht gerecht.“ Der Ministerpräsident versprach immerhin, die Musikschulen bei der nächsten Ministerpräsidenten-Konferenz mit der Kanzlerin in zwei Wochen neu zu betrachten. Da sie zur Bildungsarbeit gehörten, werde man die Erfahrungen in anderen Bundesländern auswerten.
Generelle Kontakt-Reduzierung ist notwendig
Gastronomie: Laschet verteidigte die pauschale Schließung aller gastronomischen Betriebe in NRW, obwohl viele Bars und Restaurants jede Menge Geld und Ideen in Hygienekonzepte investiert hatten. Es gehe um generelle Kontaktreduzierung, nicht um die konkrete Vorsorge einzelner Betriebe und Institutionen für Abstand und Hygiene.
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Bei 75 Prozent aller Corona-Infektionen wisse man gar nicht, wo genau die Menschen sich angesteckt hätten. „Wir nehmen alles außer Schule, Bildung und den Arbeitsplatz“, sei die Losung von Bund und Ländern, um die Infektionszahlen zu senken. Er wisse um das Dilemma der Politik: „Ob wir so rum oder so rum entscheiden: Es hat Konsequenzen für jeden Einzelnen.“
Laschet verteidigt Öffnung der Schulen
Schule: Laschet verteidigte die Fortsetzung des Präsenzunterrichts trotz gestiegener Corona-Infektionszahlen und trotz der damit verbundenen Infektionsgefahr für Schüler und Lehrer. Für eine Teilung der Lerngruppen fehlten Räume und Personal. Bei dem vielfach geforderten Wechselspiel von Heim- und Präsenzunterricht, um die Lerngruppen kleiner zu halten, seien jene Kinder benachteiligt, die von zuhause weniger Unterstützung erhalten. Nicht alle Eltern können bei Aufgaben helfen oder auch nur zuhause eine Betreuung sicherstellen. Keinem Kind dürfe seine Chance auf Bildung verwehrt werden, so Laschets Credo.
Appell: Laschet versuchte, die NRW-Bürger zum Mitmachen zu motivieren. Am Montagmorgen hatte er bereits einen offenen Brief an 18 Millionen Menschen im Land in allen NRW-Tageszeitungen veröffentlicht. Ohne Eigenverantwortlichkeit sei das Abflachen der Infektionskurve nicht zu erreichen: „Wenn jeder nur sein kleines Schlupfloch im Gesetz sucht und trotzdem sich anders verhält, dann werden wir das nicht schaffen“, sagte Laschet.
Maske nicht getragen? NRW-Ministerpräsident warnt vor Denunziantentum
Vorbildfunktion: Laschet wehrte sich gegen den Eindruck, es selbst mit den Corona-Vorschriften nicht so genau zu nehmen. In der vergangenen Woche hatte die „Bild“-Zeitung ein Titel-Foto veröffentlicht, das den Ministerpräsidenten auf dem Flug von Köln nach Berlin ohne Maske zeigte. Ein Mitreisender hatte es heimlich aufgenommen. Man dürfe auch in einem Flugzeug mal einen Schluck trinken, so Laschet. „Wenn in dieser Zehntelsekunde irgendeiner, der da sitzt, ein Foto macht und das dann gleich an eine Boulevardzeitung schickt, dann merkt man, was auch in Menschen vorgeht. Ich meine, der hätte sehen können, dass ich den ganzen Flug die Maske anhatte.“ Der Passagier hatte gegenüber der „Bild“ behauptet, Laschet habe während der Reise länger keine Mund-Nase-Bedeckung getragen. Der Ministerpräsident warnte vor Denunziantentum: „Dass jeder jetzt jeden so kritisch beobachtet, trägt auch nicht zum Grundvertrauen in der Gesellschaft bei.“
Lockdown-Frist: Ob die harten Corona-Maßnahmen wirklich nur auf den November beschränkt bleiben, wollte Laschet nicht versprechen: „Mein Ziel ist es, dass wir das, was wir jetzt tun, nur für einen Monat machen.“ Dann solle das rasante Wachstum der Infektionszahlen gebrochen sein und ein ruhigerer Dezember möglich werden. „Da wir nicht wissen, wie die Maßnahmen wirken, möchte ich nichts versprechen. Ich kann nur sagen, wir tun alles, dass es für diesen einen Monat beschränkt bleibt.“