Washington. In der Trump-Familie hat jedes Mitglied seinen Platz – wie die Rangfolge ist, zeigte sich beim Nominierungsparteitag der Republikaner.

„Wo sind die Holzäpfel-Bäume?” – Schon bevor Melania Trump am Dienstagabend Amerika live vor dem Weißen Haus um die Wiederwahl ihres Gatten Donald J. Trump anhielt, schoss in sozialen Netzwerken Unmut ins Kraut.

Die gebürtige Slowenin hat gerade den seit Jackie Kennedys Zeiten 1962 nicht mehr wesentlich veränderten Rosengarten an der Regierungszentrale umgraben lassen. Die vielen Amerikanern aus dem Fernsehen bei Auftritten ausländischer Staatsgäste vertrauten „crabapple trees” standen dabei offenkundig im Weg und wurden kurzerhand verpflanzt.

Für Konservative keine rosigen Aussichten. Begriffe wie „furchtbar” oder „Katastrophe” und unvorteilhafte Vergleiche mit den symmetrisch-öden Rasenflächen im Moskauer Gorki-Park machen seither die Runde und könnten die Ausdeutung der First-Lady-Rede auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner verunklaren. Lesen Sie hier: Trump setzt bei Parteitag auf die Familie und Regelbrüche

Ähnlich wie 2016. Damals hielt die 50-Jährige eine „Convention”-Rede, die in Teilen bei der vorherigen First Lady Michelle Obama abgekupfert war. Eine Panne, die sich die Trump-Kampagne diesmal durch rigide Vorprüfungen aller Rede-Manuskripte erspart hat. Nichts soll den Eindruck trüben, dass der Trump-Clan kämpferisch und geschlossen als Familien-Unternehmen hinter dem 74-jährigen Patriarchen steht.

Trump lässt Familie sprechen – aber einige Mitglieder wurden nicht eingeladen

Sieben Frauen und Männer, die seinen Nachnamen tragen, werden bis Donnerstag aufgeboten, um für den in Umfragen sinkfliegenden Amtsinhaber gewogen zu machen. Womit Trump unterstreicht, dass er die Präsidentschaft unverändert als erweiterte Familienangelegenheit betrachtet. Bis auf den jüngsten Sohn Barron (14) muss sich nahezu jede(r) einbringen.

Dass Nichte Mary Lea Trump, die ein deftiges Enthüllungsbuch über ihren „gefährlichen Onkel” geschrieben hat, bei den Einladungen ebenso übergangen wurde wie Trumps ältere Schwester Maryanne Trump Barry, erscheint nachvollziehbar. Die frühere Richterin hatte ihren Bruder als „prinzipienlosen Lügner” bezeichnet und Amerika eine deutliche Warnung hinterlassen: „Man kann ihm nicht trauen.” Mehr dazu: Trump-Schwester drohte Donald: „Ich werde dich platt machen“

Den Auftakt der Trumpschen Familienaufstellung machte am Montag einer, den der Vater im Verlauf der Russland-Affäre wegen tölpelhaften Gebarens einmal „nicht das schärfste Messer in der Schublade” genannt hatte: Donald Jr. (42), ältester Sohn des Präsidenten und eifrigster Wadenbeißer wider die oppositionellen Demokraten, beschwor nicht weniger als „Unruhen und Anarchie”, würde seinem Vater eine zweite Amtsperiode verwehrt bleiben. Lesen Sie hier: Trump-Nichte packt aus – Enthüllungsbuch ist erschienen

Durch Herausforderer Joe Biden drohe Amerika ein sozialistisches Experiment und die Auslieferung an den Rivalen China, rief Trump Jr. im üppigst mit US-Flaggen ausstaffierten Mellon-Auditorium am Weißen Haus und verlieh dem Alt-Vizepräsidenten das herabsetzende Etikett „Beijing Biden”. Übersetzt: „Peking-Biden”. Joe Biden: So wäre der Trump-Herausforderer als Präsident

Die mittlerweile rund 177.000 Coronavirus-Toten in den USA ignorierte der umstrittene Großwildjäger. Er bescheinigte seinem Vater gegen alle Umfragen-Befunde, die einen schweren Vertrauensverlust in Trumps Führungsfähigkeit ausweisen, „schnell” und „richtig gehandelt” zu haben.

Donald Trump Jr., Sohn von US-Präsident Donald Trump, prophezeit, dass es in den USA zu „Unruhen und Anarchie“ kommen wird, sollte seinem Vater eine zweite Amtszeit verwehr bleiben.
Donald Trump Jr., Sohn von US-Präsident Donald Trump, prophezeit, dass es in den USA zu „Unruhen und Anarchie“ kommen wird, sollte seinem Vater eine zweite Amtszeit verwehr bleiben. © dpa | Susan Walsh

Donald Jr.’s Freundin liefert schrille Parteitagsrede

Noch schriller und dämonisierender formulierte die zur Familie gehörende Lebensgefährtin von Donald Jr., Kimberly Guilfoyle. Die einst mit Kaliforniens demokratischem Gouverneur Gavin Newsom verheiratet gewesene Ex-Fox News-Moderatorin rief orwellsche Dimensionen im Falle eines Wahlsieges der anderen auf: „Die Demokraten wollen dieses Land zerstören und alles, wofür wir gekämpft haben und was uns lieb ist. Sie wollen kontrollieren, was Sie sehen und denken und woran Sie glauben – damit sie kontrollieren können, was Sie denken”, rief sie mit exaltierter Stimme an die Adresse der TV-Zuschauer. Lesen Sie mehr: Laut und schrill: Trump-Freundin schreit bei Parteitagsrede

Dass Reihenfolge im Trumpschen Kosmos Rangfolge bedeutet, mag man an der Platzierung der übrigen Clan-Mitglieder ablesen, die ihr Wort für den Präsidenten einlegen.

Vor Melania Trump durften am Dienstag Sohn Eric (36) und die aus der zweiten Ehe mit der Schauspielerin Marla Maples gekommene Tiffany Trump (26) ans Mikrofon. Eric Trump, der gemeinsam mit seinem älteren Bruder vorübergehend den Familien-Konzern steuert, hat sich durch grenzwertige Kommentare in sozialen Netzwerken den Ruf eines Haudraufs erworben.

Tiffany Trump, Jura-Studentin an der Georgetown-Universität in Washington, hielt sich während der ersten Amtszeit ihres Vaters vollständig im Hintergrund. Durch über eine Million Abonnenten bei Instagram und hohe Bekanntheit in der Altersklasse Ü 25 gilt sie, benannt nach einem direkt neben einem Trump-Hochhaus in New York angesiedelten Schmuck-Geschäft, jedoch als wertvolle Multiplikatorin. Lesen Sie auch: Trumps Republikaner schüren Angst vor Sieg von Joe Biden

Ivanka Trump ist Star und Trump-Liebling unter den Kindern

Was man noch mehr von Lara Trump (37) sagen kann, der am Mittwoch Redezeit eingeräumt wird. Die Ehefrau von Eric Trump, eine ehemalige Fernseh-Produzentin, ist ein Aktivposten innerhalb der Trump-Kampagne. Sie moderiert Internet-Shows, in denen die Trump-Berichterstattung konventioneller Medien mit Hilfe zweifelhafter Zeitzeugen zerfleddert wird.

Star der Familienbande ist ohne Zweifel die aus der ersten Ehe mit dem ehemaligen tschechischen Ski-Star und Fotomodell Ivana Zelnickova hervorgegangene Ivanka Trump. Die 38-Jährige ist erklärtermaßen Trumps Lieblingstochter und das einzige Kind, das einen offiziellen Job-Titel („Senior Adviser to the President“) im Weißen Haus besitzt. Die Ehefrau von Trumps Chefberater Jared Kushner gilt als mögliche politische „Erbin” des Trumpismus.

Die dreifache Mutter wird ihren Vater unmittelbar vor dessen Abschlussrede auf dem Südrasen des Weißen Hauses am Donnerstagabend mit ungetrübter Verehrung einführen. Ihr wird ein latent angespanntes Verhältnis mit First Lady Melania Trump nachgesagt, das möglicherweise demnächst einem erneuten Stresstest ausgesetzt sein könnte. Auch interessant: Kellyanne Conway: Trump verliert seine wichtigste Beraterin

Frau Trumps frühere Beraterin Stephanie Winston Wolkoff soll in ihrem am 1. September erscheinenden Buch („Melania and Me: The Rise and Fall of My Friendship with the First Lady”) von Gesprächsmitschnitten berichten, in denen sich Melania Trump despektierlich über ihren Gatten und deren Kinder aus früheren Ehen geäußert haben soll, berichten US-Medien. Hauptzielscheibe sei dabei die „Kronprinzessin” gewesen: Ivanka Trump.

Aus der Debatte um die architektonische Schönheit des neuen Rosengartens könnte in der heißen Wahlkampfphase also ein Rosenkrieg zwischen Präsidenten-Tochter und Stiefmutter werden.