Washington. Donald Trump ist nun offiziell Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Beim Parteitag spannt er fast den ganzen Clan für sich ein.
Die Formalität wollte Donald Trump am Anfang erledigt wissen. Darum flog der Präsident am Montag gemeinsam mit Vize Mike Pence schnell von Washington nach Charlotte. In der Metropole North Carolinas exerzierten knapp 400 republikanische Delegierte den „Roll Call”, Kern-Ritual aller Präsidentschafts-Parteitage in Amerika; auch in Corona-Zeiten.
Bei dem Prozedere geben die 50 Bundesstaaten und Außenterritorien feierlich bekannt, wie viele Stimmen sie dem Kandidaten für das Weiße Haus mit auf den Weg geben. Im Fall Trumps stand die Entscheidung, dass ihn die Partei mit dem Elefanten im Emblem abermals auf den Schild heben wird, seit Monaten fest.
Mit dem offiziellen Parteisegen ausgestattet, jettete Trump laut Plan des Weißen noch am Abend zurück in die Hauptstadt. Dort war der wie bei den oppositionellen Demokraten auf vier Tage angelegte und bis Donnerstagabend dauernde Parteitag, der Trump Treibstoff bis zur Wahl am 3. November liefern soll, bereits in vollem Gange.
Donald Trump spannt beim Republikaner-Parteitag die Familie ein
Auffällig: Es wird eine Familienangelegenheit ersten Ranges. Mit First Lady Melania Trump, den Söhnen Donald Jr. und Eric, deren Partnerinnen Kimberly Guilfoyle und Lara Trump sowie den Töchtern Ivanka und Tiffany hat der Patriarch fast den gesamten Familien-Clan an die Mikrofone beordert.
Dass Nichte Mary Lea Trump und Schwester Maryanne Trump Barry durch Abwesenheit glänzen, mag durch deren jüngste Attacken auf den Charakter des 74-Jährigen niemanden verwundern. Dazu gesellen sich ausgewiesene Trump-Fans aus den Kategorien Gouverneure, Kongress-Abgeordnete, Diplomaten und Lobbyisten, die live oder aus der Konserve erklären werden, warum Trump eine zweite Amtszeit verdient hat. Richard Grenell, der umstrittene Ex-Botschafter der USA in Deutschland, gehört zum erlauchten Kreis.
Viele Details sind, zum Leidwesen der Fernsehanstalten, noch unbekannt. „Wir setzen auf das Überraschungsmoment”, erklärte Ronna McDaniels, die Parteichefin der republikanischen Partei-Organisation (RNC).
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Trump bricht für Republikaner-Parteitag viele ungeschriebene Gesetze
Schon im Vorfeld der mehrfach verlegten Großveranstaltung (von Charlotte nach Jacksonville und, deutlich abgespeckt, wieder retour nach Charlotte und dann nach Washington) häufte sich Ärger an. Dass Trump den Rasen vor dem Weißen Haus als Wahlkampf-Bühne benutzt, gilt als parteipolitischer Fauxpas. Das „Haus des Volkes”, wie die Regierungszentrale genannt wird, war in der Vergangenheit für Wahlkampf-Aktionen meist neutral.
Auch dass mit Mike Pompeo ein amtierender Außenminister für Trump mit einer Rede in die Bütt geht, die mit hohem finanziellen Aufwand live aus dem Nahen Osten eingespielt werden soll, wo Pompeo gerade auf diplomatischer Mission ist, stößt Regierungsethikern auf.
Dabei gehört die Regelverletzung zum Programm. Ein Indiz stellvertretend für viele: Donald Trump hat Patricia und Mark McCloskey eingeladen. Das Ehepaar gelangte im Juni international zu zweifelhaftem Ruhm, als es – schwer bewaffnet-- vor ihrer Villa in St. Louis unverhältnismäßig auf Demonstranten der „Black Lives Matter”-Bewegung anlegte, die dort einfach nur vorbeiliefen. Für Trump und rechtspopulistische Kreise sind die McCloskeys nicht nur Helden, die sich dem „linksradikalen Mob” entgegenstellen. Sie verkörpern in der Lesart des Präsidenten auch die „schweigende Mehrheit”, die für Trump unverändert Sympathien hege, dies aber bei Meinungsforschern nicht offen zeige.
Trump verzichtet trotz Corona nicht auf menschengemachten Applaus
Anders als Joe Biden und die Demokraten, die bei ihrem Parteitag Live-Publikum aus Sorge vor Coronavirus-Ansteckungsgefahr komplett ausgespart hatten, kann und will Trump nicht ohne menschengemachten Applaus. Handverlesene Anhänger, Sponsoren und Wegbegleiter des Präsidenten werden darum am Donnerstag, wenn er mit einer großen Rede inklusive anschließenden Feuerwerk offiziell die Nominierung annimmt, persönlich am Weißen Haus zugegen sein. Ob mit Atemschutzmasken oder ohne – offen.
Die Ausgangslage zum Auftakt der großen Trump-Show entspricht in etwa der eines Formel-1-Piloten, der das Feld von hinten aufräumen will, aber keine Zeit mehr hat für solide Boxenstopps. 70 Tage vor der Wahl hinkt Trump, bis auf zu vernachlässigende Ausreißer in der Meinungsforschung, quer durch die Umfragenlandschaft seinem Herausforderer deutlich hinterher.
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Nicht nur landesweit, sondern auch in entscheidenden Bundesstaaten wie Michigan, Wisconsin und Pennsylvania genießt Joe Biden alles in allem mehr Vertrauen auch in jenen Wählergruppen, die Trump 2016 an die Macht brachten: weiße, ältere Wählerinnen und Wähler mit durchschnittlichem Bildungshintergrund und Frauen in den Vororten der großen Städte sind vor allem mit Trumps Krisenmanagement in der Corona-Ära höchst unzufrieden.
Die republikanische Partei präsentiert sich während der Veranstaltung, die an allen vier Tage Live-Auftritte Trump vorsieht und damit aus Sicht von Kritikern das Risiko eines optischen „Overkills” birgt, wie ein Komparse am Set eines großen Hollywood-Films. Beleg dafür: Die Partei verabschiedet zum ersten Mal kein Wahlprogramm, auf dessen Boden sich eine zweite Amtsperiode inhaltlich abspielen soll. Das Programm heißt heuer kurz und knapp: Donald Trump.