Berlin. Wegen der Corona-Krise leidet auch die deutsche Wirtschaft. Doch trotz der Rezession können sich Rentner über höhere Bezüge freuen.

  • Die Corona-Krise führt weltweit zu einer Rezession – auch die deutsche Wirtschaft ist betroffen
  • Trotzdem müssen Rentnerinnen und Rentner nicht mit gekürzten Bezügen rechnen
  • Wir erklären, warum die Renten der Krise trotzen

Der vergangene Monat Juli hatte aus volkswirtschaftlicher Sicht zwei Botschaften parat, die nicht ohne Weiteres zusammenpassen: Auf der einen Seite ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal wegen der Corona-Krise um 10,1 Prozent eingebrochen. 6,7 Millionen Beschäftigte sind in Kurzarbeit. Deutschland befindet sich mitten in einer Rezession, und auch in den meisten anderen Staaten der Welt ist die Wirtschaft wegen der Pandemie auf Talfahrt.

Die Folgen für den heimischen Arbeitsmarkt sind längst noch nicht abzusehen. Auf der anderen Seite durften sich die 21 Millionen Rentner in Deutschland zum 1. Juli trotz Abschwung und Corona-Krise über eine saftige Erhöhung ihrer Altersbezüge freuen: Die Renten im Westen stiegen um 3,45 Prozent, im Osten um 4,2.

Für dieses Rentenwachstum inmitten der Wirtschaftskrise gibt es eine einfache Erklärung. Denn Grundlage für die jährliche Rentenanpassung ist die Lohnentwicklung des vorangegangenen Jahres. Und bekanntlich florierte der deutsche Arbeitsmarkt 2019, die Corona-Krise war in weiter Ferne. Dennoch werden auch die Renten nicht gänzlich von der Rezession im Land verschont bleiben. Das betrifft heutige wie zukünftige Rentner. Sie werden die Folgen spüren, wenn auch später. Lesen Sie auch: Rente: Zu viele Steuern? Doppelbesteuerung sorgt für Ärger

Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf heutige Rentner?

Es ist absehbar, dass die Lohnentwicklung in Deutschland in diesem Jahr wegen der Corona-Krise rückläufig sein wird. Die Deutsche Rentenversicherung Bund geht nach eigenen Angaben davon aus, dass in der Folge im kommenden Jahr Rentenerhöhungen im Westen Deutschlands ausfallen. Es dürfte dort eine Nullrunde geben – die erste seit 2010. Im Osten wird es wohl nur eine Minianhebung um 0,7 Prozent geben.

Rentenkürzungen wegen schlechter Konjunktur sind dagegen durch eine Schutzklausel im Gesetz ausgeschlossen. Das heißt: Eine umgekehrte Regelung, wonach die Renten sinken, wenn die Lohnentwicklung zurückgeht, gilt nicht. Vielmehr sichert eine Rentengarantie zu, dass die Höhe der Altersbezüge konstant bleibt. Die endgültige Entscheidung über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2021 fällt allerdings erst nächstes Jahr.

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    Warum sinken die Renten nicht, wenn auch die Löhne fallen?

    Das hat die Politik so beschlossen. Ursprünglich hatte der Bund Vorkehrungen getroffen, damit die Rentner ihren Beitrag leisten, wenn die Einkommen der Zahler sinken: den sogenannten Nachholfaktor. Er sah vor, dass die Renten auch nach einer Rezession mit sinkenden Einkommen nicht gekürzt werden, aber dafür in den Folgejahren zum Ausgleich langsamer steigen. Die große Koalition hat diesen Nachholfaktor ausgesetzt.

    Das 2018 vom Bundestag beschlossene Rentenpaket schreibt vor, dass das Rentenniveau – also das Verhältnis einer Standardrente nach 45 Beitragsjahren zu den Löhnen – bis ins Jahr 2025 bei mindestens 48 Prozent liegt. Zugleich soll der Beitragssatz für die gesetzliche Rentenversicherung bis dahin die 20-Prozent-Marke nicht überschreiten. Er liegt aktuell bei 18,6 Prozent. Heutige Rentner sind damit nicht von konjunkturellen Einschnitten in der Corona-Krise betroffen. Sie werden aber auf größere Rentensteigerungen verzichten müssen.

    Ist dieser Mechanismus sinnvoll?

    Das kommt darauf an, wen man fragt. Der verantwortliche Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte bei der Verabschiedung des Rentenpakets im Bundestag: „Wir erneuern damit ein Kernversprechen des Sozialstaates, dass sich die Menschen im Alter auf ein auskömmliches Einkommen verlassen können.“

    Die Rentenversicherung teilt mit: „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Rentenversicherung über funktionierende und belastbare Strukturen verfügt.“ An oberster Stelle stehe, „dass die Renten jeden Monat pünktlich ausgezahlt werden. Das ist in jedem Fall sichergestellt“, sagte Sprecher Dirk von der Heide unserer Redaktion.

    Der bekannte Freiburger Ökonom und Rentenexperte Bernd Raffelhüschen sieht die Sache entschieden anders: „Während die Löhne wegen des Abschwungs fallen, werden die Renten dies nicht tun, obwohl dies ein solidarischer Gedanke über die Generationen hinweg wäre.“ Stattdessen werde der Stand der Renten eingefroren, während das Lohnniveau sinke.

    Sein Fazit: „Rentner sind die Profiteure der Corona-Krise, sie werden keinen Einkommensverlust erleiden. Sie werden sogar besser davonkommen als die anderen, die ihre Rente bezahlen“, sagte Raffelhüschen unserer Redaktion. Um die Altersbezüge trotz wegbrechender Einnahmen in der Krise finanzieren zu können, werde der Bund neue Schulden machen müssen. „Zurückzahlen müssen das spätere Generationen“, kritisiert der Ökonom.

    Wie wirkt sich die Corona-Krise auf die zukünftigen Rentnergenerationen aus?

    Auch das lässt sich bisher noch nicht endgültig beziffern. Entscheidend ist, wie lange die Rezession andauert. Wer weiterhin Vollzeit in seinem Job arbeitet und wie gewohnt seine Rentenbeiträge zahlt, wird wegen Corona keine Einbußen haben.

    Anders sieht es bei Arbeitnehmern aus, die in der Krise in Kurzarbeit geraten oder im schlimmsten Fall den Job verlieren. Sie bleiben zwar weiterhin gesetzlich rentenversichert. Der Staat übernimmt für sie Teile oder die gesamten Beiträge für die Rentenversicherung. Allerdings fallen die Beiträge unterm Strich niedriger aus. Insofern wird auch die Rentenzahlung im Alter niedriger sein, da die Höhe in Abhängigkeit von der geleisteten Beitragssumme berechnet wird.

    Der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, sagte unserer Redaktion: „Niedrigere Löhne ziehen geringere Beitragszahlungen in die Sozialkassen beziehungsweise in die Rentenversicherung nach sich. Und weil die Löhne wiederum die Berechnungsgrundlage für die Rentenanpassung in der Zukunft bilden, gehen erste Prognosen schon jetzt vorsichtig von stagnierenden Altersbezügen aus.“

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      Wie hoch sind die künftigen Einbußen?

      Bei wenigen Wochen Kurzarbeit sind die Auswirkungen auf die künftige Rentenhöhe vergleichsweise gering. Je länger jedoch verkürzt gearbeitet wird, desto eher macht sich dies bemerkbar.

      Eine Beispielrechnung der Rentenversicherung verdeutlicht das: Ein Arbeitnehmer hatte bisher einen monatlichen Verdienst in Höhe von 3000 Euro brutto. Während der Kurzarbeit verringert sich sein Verdienst auf 1500 Euro brutto im Monat. Ein Jahr in Kurzarbeit erhöht den späteren Rentenanspruch um aktuell rund 26,40 Euro monatlich. Ein Jahr Beschäftigung ohne Kurzarbeit ergäbe einen aktuellen Rentenanspruch von knapp 29,40 Euro monatlich. Der Unterschied beträgt somit drei Euro im Monat.

      Steigen wegen Corona die Beitrags­sätze?

      Laut Rentenversicherung bleibt der Beitragssatz voraussichtlich weitere zwei Jahre stabil bei 18,6 Prozent. Danach werde eine Anhebung nötig sein. Trotz der pandemiebedingten Krise am Arbeitsmarkt ist die Finanzlage der Rentenkasse stabil. Zwar sind die Einnahmen geringer. Allerdings springt bei Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit der Staat ein. Das federt die Finanzen der Rentenversicherung ab.

      Nach Vorausberechnungen werden die Rücklagen auch Ende des Jahres noch bei rund 38 Milliarden Euro liegen – nach 40,5 Milliarden Euro Ende 2019.

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