Berlin. Der Bundestag hat jetzt die Grundrente verabschiedet. Wer wird sie bekommen – und wie viel? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
- Der Bundestag hat am Donnerstag die Grundrente verabschiedet, am Freitag folgte die Billigung des Bundesrates
- Nachdem die Union ihren Widerstand aufgegeben hat, kommt der Rentenbonus für Senioren mit Mini-Renten
- Das Gesetzt zur Grundrente tritt am 1. Januar 2021 in Kraft
- Wie viel Grundrente wird gezahlt? Ab wann gilt sie? Und was sagen Kritiker? Alle Antworten auf Ihre Fragen.
Es war eine wirklich schwere Geburt. Im Fall der Grundrente stimmt das abgedroschene Bild. Vor sage und schreibe 27 Monaten hatten CDU, CSU und SPD mit der Unterschrift unter den Koalitionsvertrag politisch vereinbart, dass ein Rentenbonus für Senioren mit Mini-Renten eingeführt werden soll.
Doch erst am Dienstag gab es Gewissheit, dass der längst vom Kabinett beschlossene und seit Mai im Bundestag auf Eis liegende Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Zustimmung von CDU und CSU findet. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kündigte an, dass die Union ihren Widerstand gegen eine Finanzierung der Grundrente aus Steuergeld aufgibt. Am Donnerstag verabschiedete der Bundestag das Gesetz, am Freitag folgte noch die Billigung im Bundestag. Die wichtigsten Fragen im Überblick:
Grundrente – Wer profitiert davon?
Wer nur eine kleine Rente knapp über der Grundsicherung bezieht und mindestens 33 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, kann den Zuschlag erhalten. Der Bonus ist gestaffelt und erreicht nach 35 Beitragsjahren die volle Höhe. Als Beitragsjahre zählen nicht nur Erwerbszeiten, sondern auch Kindererziehung und Pflege von Angehörigen. Nach Angaben des Arbeitsministeriums werden rund 1,3 Millionen Menschen Grundrente beziehen, davon rund 70 Prozent Frauen.
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Ab wann gilt die Grundrente?
Das Gesetz soll noch in dieser Woche von Bundestag und Bundesrat endgültig beschlossen werden. Es tritt dann zum 1. Januar 2021 in Kraft. Allerdings hat die Deutsche Rentenversicherung erklärt, dass wegen Personalmangels und des großen Bürokratieaufwands voraussichtlich erst zum 1. Juli die Grundrente ausgezahlt wird. Kein Rentner wird Geld verlieren. Die Beträge für die ersten Monate des Jahres werden nachgezahlt.
Muss ich die Grundrente extra beantragen?
Nein. Die Rentenversicherung prüft das automatisch.
Spielt das Einkommen eine Rolle?
Ja. Im Koalitionsvertrag hatte die Union eine sogenannte Bedürftigkeitsprüfung durchgesetzt. Darüber stritten Union und SPD sehr lange. Die Sozialdemokraten hätten die Grundrente gerne an noch mehr Rentner ausgezahlt, was sehr teuer geworden wäre.
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Am Ende einigten sich die Koalitionäre auf eine Einkommensprüfung, damit die von Kritikern der Grundrente fiktiv herangezogene vermögende Zahnarztgattin nicht fälschlicherweise die neue Leistung bezieht.
So wird anhand der Steuererklärung geprüft, wie viel Einkommen Rentner versteuern. Kapitalerträge aus Aktien oder ausländische Einkünfte aus der Vermietung des Ferienhauses werden ebenfalls angerechnet. Einkommen über den Freibeträgen von 1.250 Euro (1.950 Euro bei Paaren) werden zu 60 Prozent, Einkommen über 1.600 Euro (2.300 Euro bei Paaren) voll angerechnet.
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Wie viel Grundrente wird gezahlt?
Das hängt vom Einzelfall ab. Der Höchstsatz liegt bei monatlich 404,86 Euro. Hat eine ostdeutsche Frau zum Beispiel 37 Jahre in einem sozialversicherungspflichtigen Beruf gearbeitet und dabei etwa 40 Prozent des Durchschnittslohns verdient, bezieht sie eine gesetzliche Rente von rund 472 Euro. Mit der Grundrente wird sie künftig rund 862 Euro bekommen.
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Wie wird die Grundrente finanziert?
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte versprochen, dass die Grundrente aus Einnahmen einer geplanten europäischen Steuer auf Börsengeschäfte bezahlt wird. Allerdings ist diese Finanztransaktionssteuer nicht in Sicht, da in der EU sich viele Länder querstellen. Nun gaben CDU und CSU nach. Sie akzeptieren, dass die Kosten von anfangs 1,4 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Bundeshaushalt kommen.
Scholz betont, finanziell sei das zu stemmen. Mit Blick auf die Hilfen in der Corona-Krise sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Wenn wir einzelnen Unternehmen Kredite und Garantien in Milliardenhöhe bereitstellen, werden wir ja wohl in der Lage sein, knapp über eine Milliarde Euro jährlich für die Grundrente aufzubringen.“
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Was sagen Kritiker zur Grundrente?
Der FDP-Rentenexperte Johannes Vogel und viele jüngere Abgeordnete warnen, dass künftigen Generationen Milliardenkosten aufgebürdet werden. „Über 90 Prozent der möglichen Grundrentenempfänger sind überhaupt nicht auf die Grundsicherung im Alter angewiesen“, sagte Vogel. Skandalös sei, dass es keine Gegenfinanzierung gebe: „Das weiß auch die Union, die trotzdem einfach umgekippt ist.“
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Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte gegenüber unserer Redaktion: „Mit seriöser und verantwortlicher Rentenpolitik hat das wenig zu tun.“ Der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, bezeichnete die Grundrente als „wenig zielgerichtet und teuer“. Der Zuschlag verstoße klar gegen das Äquivalenzprinzip.
Bislang galt bei der Rente, dass jeder nur so viel herausbekommt, wie er über Beiträge – gemessen an der Höhe des Arbeitseinkommens und der Dauer der Lebensarbeitszeit – eingezahlt hat. Um die Rente demografiefest zu machen, ist Feld dafür, dass gesetzliche Renteneintrittsalter bis 2069 von heute 67 auf 69 Jahre zu erhöhen.