Berlin. Kassenpatienten dürfte die Nachricht zunächst freuen. Gesundheitsminister Philipp Rösler will die Praxisgebühr streichen. "Ich bezweifele, dass sie die gewünschte Lenkungswirkung hat", sagte er. Zugleich prophezeit er jedoch steigende Ausgaben für die Krankenversicherung.
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will die Praxisgebühr abschaffen. Die FDP habe diese Form der Eigenbeteiligung immer abgelehnt. «Ich bezweifele, dass die Praxisgebühr die gewünschte Lenkungswirkung hat», sagte er der Tageszeitung «Die Welt». Laut Koalitionsvertrag soll die Praxisgebühr überprüft werden. Die von Kassenpatienten ungeliebte Gebühr von zehn Euro im Quartal bei einem Arztbesuch war 2004 eingeführt worden.
Zudem prognostizierte Rösler steigende Ausgaben für die Krankenversicherung. «In den nächsten 20 Jahren wird Gesundheit nicht billiger werden», sagte er. Er wolle durch mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen dafür sorgen, dass Beiträge effizienter eingesetzt würden.
"Niemand wird finanziell überfordert"
Rösler kündigte in der Zeitung an, die Finanzierung der Krankenversicherung schrittweise auf einkommensunabhängige Prämien umzustellen und durch einen Sozialausgleich aus Steuern zu ergänzen. «Niemand wird finanziell überfordert», sagte er. «Wir brauchen einen Ausgleich zwischen arm und reich, und der ist besser im Steuersystem aufgehoben.»
Steuererhöhungen schloss er aus: «Die Steuern müssen nicht steigen, nur weil wir einen Sozialausgleich finanzieren. Wie schnell die Prämie eingeführt wird, hängt davon ab, wie viel Steuerzuschuss man geben kann», sagte Rösler.
Rösler weist CSU-Kritik zurück
Im Deutschlandfunk wies Rösler die Kritik der CSU an der einkommensunabhängigen Gesundheitsprämie als unbegründet zurück. Das sei im Koalitionsvertrag vereinbart, den habe auch CSU-Chef Horst Seehofer unterschrieben. Einen radikalen Wandel werde es allerdings nicht geben. Eine einheitliche Versichertenprämie könne nur in kleinen Schritten eingeführt werden.
Entscheidend für das Tempo der Umstellung sei, wie viel Steuermittel für den Sozialausgleich vorhanden sei. «Wir dürfen die Menschen nicht überfordern», sagte Rösler. Seehofer hatte kritisiert, die Einführung einer Versichertenpauschale mit einem Sozialausgleich sei nicht finanzierbar.
Der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) attackierte die von Rösler geplante Reform des Gesundheitswesens ebenfalls. «Mit der Kopfpauschale in reinster Form werden die Grundfesten des Sozialstaats erschüttert», sagte Söder der Bayern-Ausgabe des Nachrichtenmagazins «Focus». Er frage sich zudem, woher die dafür nötigen 20 bis 40 Milliarden Euro an Steuerzuschüssen kommen sollen. (ap)