Berlin. Deutschland tut nach Meinung von Transparency zu wenig im Kampf gegen Korruption. Die Bundesrepublik ist nach dem neuesten Bericht der Organisation weiter nur Mittelmaß. Transparency befürchtet sogar, dass die Bestechung hierzulande wegen der Konjunkturmilliarden noch zunimmt.

Bei der Bekämpfung von Bestechung und Bestechlichkeit ist Deutschland immer noch nur Mittelmaß. Auf dem am Dienstag in Berlin präsentierten Korruptionsindex der Organisation Transparency International belegt die Bundesrepublik wie im Vorjahr Rang 14. An der Spitze rangiert Neuseeland vor Dänemark. Singapur und Schweden stehen gemeinsam auf Platz drei. Am schlechtesten schnitten unter den 180 untersuchten Ländern Somalia, Afghanistan, Birma, Sudan und Irak ab. Die USA rangieren auf Platz 19.

Der Korruptionswahrnehmungsindex misst den Grad der bei Beamten und Politikern wahrgenommenen Korruption. Deutschland, im EU-Durchschnitt im Mittelfeld, könnte nach Ansicht von Transparency weitaus mehr als bislang im Kampf gegen Korruption unternehmen. Die Vorsitzende der deutschen Sektion, Sylvia Schenk, forderte ein Antikorruptionsregister, um Unternehmen, die bestochen haben, später von bestimmten Vergaben auszuschließen. Darüber hinaus fehle der Schutz von Hinweisgebern. Und es gebe auch noch Handlungsbedarf im Strafrecht. Davon finde sich nichts im Koalitionsvertrag.

Unbedingt müsse das Parlament den Tatbestand der Abgeordnetenbestechung verschärfen, um die Voraussetzungen für die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption zu schaffen, sagte Schenk. Bisher sei in Deutschland nur der reine Stimmenkauf strafbar. Dazu habe es 2006 schon ein Bundesgerichtshof-Urteil gegeben. Es besage, dass es Bedarf zur Änderung des Strafgesetzbuches gebe, um auch andere Taten bei Abgeordneten strafbar zu machen. Trotz dieser klaren Worte sei bislang nichts passiert.

Lobbyisten und Skandale

Transparenz habe vor allem in skandinavischen Ländern eine viel größere Tradition als in Deutschland, erklärte Schenk. In Deutschland gebe es immer wieder Skandale vor allem in der Lokalpolitik, Diskussionen um Lobbyisten in Ministerien und die ungerechtfertigte Bevorzugung von Bewerbern bei der Besetzung von Ämtern. Dies gelte es zu bekämpfen, um in der Rangliste aufzusteigen. «Vor der eigenen Haustür haben wir noch einiges zu kehren.»

Durch die Konjunkturprogramme wird das Korruptionsrisiko weiter verschärft, wie Schenk anmerkte. Zum einen griffen immer mehr Unternehmen zu unlauteren Methoden, um sich Aufträge zu sichern. Hinzu komme, dass viele Unternehmen Personal in bestimmten Bereichen abgebaut hätten und damit auch Kontrollmechanismen nicht mehr so funktionierten.

Bausektor besonders betroffen

Besonders betroffen von Korruption ist nach Einschätzung Schenks der Bausektor. Hier lasse sich hervorragend vertuschen, so würden bewusst Sicherheitsmängel eingebaut.

Sie lobte, dass vor allem Großunternehmen nach dem Siemens-Skandal ihre Compliance-Abteilungen personell aufgerüstet hätten. Staatsanwaltschaften würden gezielter ermitteln. Nach wie vor sei aber zu beklagen, dass die Appelle beim Mittelstand häufig noch nicht angekommen seien.

Durch Kriege gebeutelte Länder hinten

Schlusslichter im Index sind hauptsächlich durch Kriege und dauerhafte Konflikte gebeutelte Länder. «In den Ländern, deren staatliche Strukturen durch dauerhafte Konflikte zerrüttet worden sind, gerät Korruption außer Kontrolle und stärkt die Plünderung von öffentlichen Ressourcen sowie Unsicherheit und Rechtlosigkeit», sagte Schenk.

Sie kritisierte, häufig würden Regierungen auch von Unternehmen geschmiert, die in anderen Ländern, auch in Deutschland, ihren Sitz hätten. Ausreden, in manchen Ländern könne man anders gar nicht Geschäfte machen, sollte die Politik nicht zulassen.

In Europa sind vor allem Griechenland und Spanien Sorgenkinder. Griechenland stürzte auf Rang 71 ab, Spanien von 28 auf 32. Italien stagniert auf Rang 63. Russland liegt auf Platz 146. (ap)