Tirana. Ein Preis für Zivilcourage: Die bulgarische Journalistin Lidiya Pavlova wird am Donnerstag in Tirana, Albanien, für ihren Kampf gegen Mafiosi mit einem Journalistenpreis ausgezeichnet.
Während andere schwiegen, sprach sie Klartext. Während andere wegsahen, schaute sie hin: Die Journalistin Lidiya Pavlova hatte den Mut, die Gewaltherrschaft der Galev-Brüder anzuprangern – zwei Gangster, die in der bulgarischen Stadt Dupnitsa das Kommando übernommen hatten und die gesamte Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten. Für ihre Reportagen über die Machenschaften der Unterweltbosse wird die bulgarische Reporterin heute mit dem ersten Courage-Preis der WAZ-Mediengruppe und des Internationalen Journalisten-Verbandes ausgezeichnet.
Die Auszeichnung ehrt unerschrockene Journalisten, die Korruption oder Machtmissbrauch enthüllen, die trotz Einschüchterung und Druck Missstände verfolgen.
Courage – für die 40-jährige Lidyia Pavlova hieß das auch, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, ihre Familie in Gefahr zu bringen, für eine Geschichte, die erzählt werden musste.
Ihr Mut hatte Folgen: Plamen Galev und Angel Hristov, zwei Ex-Spezialeinsatzkräfte der Polizei, wird der Prozess gemacht. Den sogenannten Geschäftsmännern wird betrügerische Erpressung vorgeworfen. Konsequenzen hatte der Galev-Fall auch für den bulgarischen Innenminister Rumen Petkov: Er musste zurücktreten.
Gewalt und Furcht bildeten das Gerüst eines Netzwerks, mit dessen Hilfe die beiden Angeklagten die Kleinstadt bei Sofia unter ihre Kontrolle brachten, sie gar halboffiziell regierten – aus Dupnitsa wurde für viele Galevgrad (zu deutsch: Galevstadt). Galev und Hristov saßen im Gemeinderat, kassierten bei hei- mischen Geschäftsleuten in bester Mafiamanier eine inoffizielle sogenannte Sicherheitssteuer, degradierten den Bürgermeister zur Marionette. Kein Einzelfall in Bulgarien, einem Land, das unter EU-Beobachtung steht, immer noch – weil die Justiz unzuverlässig, die Verwaltung korrupt, der Kampf gegen organisierte Kriminalität fast gescheitert ist.
Pavlova, Literaturwissenschaftlerin, alleinerziehende Mutter zweier Söhne, begann bereits 1994 als Korrespondentin der landesweiten Tageszeitung „Standard“ die Machenschaften der Galevs zu untersuchen. Als Journalistin der Regionalzeitung „Struma“ setzte sie drei Jahre später ihre Arbeit fort, gab trotz zahlreicher Einschüchterungsversuche und Klagen nicht auf.
Selbst als Galevs Schlägerbande ihren älteren Sohn schwer verprügelte und Polizei und Rettungskräfte jede Hilfe verweigerten, recher- chierte sie weiter. Ihre Recherchen führten schließlich Anfang dieses Jahres zur Verhaftung der zwei Kriminellen – ein Präzedenzfall in Bulgarien.
Mit der Macht der Worte hat Pavlova gesiegt. Doch der Kampf hatte seinen Preis: Die Furcht ist ihr ständiger Begleiter. Selbst im Arrest nutzten die Galevs eine Gesetzeslücke und sammelten 15 000 Unterschriften, die sie vorigen Juli dem Parlament vorlegten. Zeugen sagten der Zeitung „Trud“, dass sie Angst haben auszusagen. Einige von Galevs Schlägern laufen noch immer frei herum.