Essen/Düsseldorf. . Die große Zustimmung der in Deutschland lebenden Türken zum Referendum in der Türkei hat eine Debatte um Integration und Ausgrenzung losgetreten.
Am Sonntag hatten sich 51,4 Prozent der Türken für die von Präsident Erdogan geforderte Verfassungsreform ausgesprochen. In Deutschland lag die Zustimmung mit 63 Prozent deutlich höher, im Ruhrgebiet erreichte sie sogar 76 Prozent.
Kraft: Arbeitslosigkeit verstärkt gefühlte Ausgrenzung
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Einen Grund nennt Caner Aver vom Zentrum für Türkeistudien in Essen: „Ein Großteil der Menschen im Ruhrgebiet stammt aus traditionellen Milieus in der Türkei.“ Unter ihnen sei die Arbeitslosigkeit relativ hoch, was das Gefühl der Benachteiligung verstärke. „Die Menschen fühlen sich hier nicht angenommen“, sagte Aver zur WAZ.
Angesichts der Zahlen sprach NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) von einer „Belastung des Integrationsprozesses“. „Wir wollen keine Spaltung der türkischen Gemeinschaft hier bei uns“, so Kraft. „Alle diejenigen, die seit Jahren friedlich bei uns leben, hier Steuern zahlen und damit unser Gemeinwesen mitfinanzieren, sind für mich Nordrhein-Westfalen. Sie sind eingeladen, mitzugestalten.“
Kufen: Doppelte Staatsbürgerschaft war ein Fehler
Kritik am Wahlverhalten der Deutsch-Türken kam vom Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU). Da sei von der „heimischen Couch im sicheren Deutschland über die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie“ entschieden worden, ohne selbst die Konsequenzen tragen zu müssen, sagte er. Erdogan habe es offenbar geschafft, den Deutsch-Türken ein Gefühl von Respekt und Stolz zu vermitteln, so Kufen. „Einen Stolz, den sie offensichtlich bei der deutschen Politik, bei der deutschen Gesellschaft vermissen.“
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In der Tat gebe es Benachteiligungen von jungen Menschen mit türkischen Namen und Aussehen etwa bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, so Kufen. Letztlich müssten die Deutschtürken „sich entscheiden – will ich mich nun in Deutschland heimisch fühlen oder in der Türkei?“ Die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft „war deshalb ein Fehler.“
Unterdessen forderte die EU-Kommission die türkische Regierung auf, die Vorwürfe zu prüfen, beim Verfassungsreferendum habe es Unregelmäßigkeiten gegeben.