Hattingen. Werbeunternehmer Uli Wilkes will bei der Bundestagswahl Lose verschenken, um die Wahlbeteiligung zu steigern. Jeder, der in Hattingen wählt, erhält ein Los. Der Hauptpreis: 5000 Euro. Das Geld stammt von Firmen, die einige hundert Euro für die Idee übrig haben. Auch Privatleute spenden.

Der 30. August war für Uli Wilkes kein glücklicher Tag. Gerade einmal 54,8 Prozent aller Wahlberechtigten beteiligten sich in Hattingen an der Kommunalwahl. „Ich hab' mich massiv darüber geärgert, dass so wenige Menschen die Gelegenheit nutzten”, sagt der 39-Jährige. „Wenn wir nicht zur Wahl gehen, profitieren die extremen Randparteien.”

„Ich muss was tun”, dachte sich der Eigentümer einer Kölner Werbeagentur und tat was. Er glaubt die Wahlmüdigkeit mit einer einfachen Idee bekämpfen zu können: „Jeder, der in Hattingen seine Stimme abgibt, bekommt ein Los.” Der Hauptgewinn soll am Tag nach der Bundestagswahl von einem Promi gezogen werden.

5000 Euro Preisgeld

Und es winkt Bares: „Ich will 5000 Euro als Preis zusammenbekommen”, sagt Wilkes. „Bisher habe ich 1500 Euro. Jeder, der die Idee unterstützen will, ist herzlich eingeladen mitzumachen.” Das Geld stammt von Firmen, die einige hundert Euro für die Idee übrig haben. Auch Privatleute dürfen spenden. Politische Parteien müssen sich zurückhalten. „Wir sind ja politisch unabhängig.”

Einer, der bereits gespendet hat, ist Holger Neitsch. Der Geschäftsführer der Lösing-Filtertechnik hält das Geld für richtig investiert: „Ich kann Uli Wilkes nur beipflichten.” Die Idee sei gut: „Auf Geld springt fast jeder an.” Wilkes, der sich selbst allenfalls als Ideengeber sieht, wertet die Aktion als großes Experiment. „Ich will wissen, ob man durch so etwas die Wahlbeteiligung wirklich steigern kann.” Für die Massenaktion sei die 56 000-Einwohner-Stadt ideal.

Schulzentrum als Logistikpartner

Für die Durchführung hat Wilkes Schüler des Gymnasiums Holthausen angesprochen. „Ich sehe das Schulzentrum als Logistikpartner.” Schließlich müsse vor jedem der mehr als 40 Wahllokale jemand stehen, der Lose ausgibt. Am Gymnasium ist noch keine Entscheidung gefallen, ob die Verlosung wirklich zur Unterrichtsaktion wird. Schulleiter Gerd Buschhaus ist noch nicht ganz überzeugt. „Die Idee ist ein Knaller.” Dennoch sehe das Kollegium die Teilnahme an der Aktion von zwei Seiten: „Wir wollen uns ungern vor irgendetwas spannen lassen.” Den Unterricht habe der Vorschlag auf jeden Fall schon bereichert: „Es gibt heiße Diskussionen.”

Juristisch sieht sich Wilkes auf der sicheren Seite. „Das ist keine politische Aktion.” Solche sind am Tag der Bundestagswahl (und anderer Wahlen) nämlich innerhalb einer Art Bannmeile um die Wahllokale verboten. Es gebe es zur Not auch noch die Möglichkeit, die Wähler außerhalb des Bereichs abzufangen.

Große Bedenken

Wahlkoordinator Hermann Reiser sieht große Bedenken. „Ich will das Wahllokal nicht zur Losbude machen.” Es sei gründlich zu prüfen, ob die Aktion nicht vom Wahlgeschehen ablenke. „Ich denke, dass wir das nicht dulden dürften.” Selbst, wenn die Schüler draußen stünden, sei eine Einflussnahme zu befürchten. Im Zweifel müsse der Bundeswahlleiter entscheiden.

„Man darf am Wahltag auch nicht einfach etwas auf der Straße verteilen”, sagt Reiser. Gerade, wenn die Aktion im Zusammenhang mit der Wahl stünde, sei sie wahrscheinlich nicht genehmigungsfähig. Bisher liege bei der Stadt aber noch kein Antrag vor.

Werbefachmann Wilkes sieht seine Aktion nicht als Dauerlösung gegen Wahlmüdigkeit: „Ich will eine Diskussion anregen”, sagt er und fragt: „Darf man Geld dafür bieten, dass jemand seine Stimme bei der Wahl abgibt?” Die Antwort lässt der 39-Jährige selbst offen.