Den Haag. Der Prozess gegen den früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal ist vertagt worden. Der 64-Jährige erschien zum Auftakt nicht. Er muss sich wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Krieges verantworten.

Der Kriegsverbrecherprozess gegen den früheren bosnisch-serbischen Führer Radovan Karadzic ist am Montag vor dem Haager Tribunal kurz nach Beginn vertagt worden. Der 64-Jährige boykottierte die Verhandlung und erschien nicht. Richter O-Gon Kwon setzte des Prozess deshalb nach 15 Minuten aus und erklärte, er werde am Dienstag mit dem Eröffnungserklärung der Anklage fortgesetzt. Es wird erwartet, dass dies rund zwei Tage dauert.

Karadzic hatte seinen Boykott bereits vorher angekündigt und damit begründet, er habe nicht genug Zeit zur Vorbereitung erhalten. Er verteidigt sich selbst, einen Anwalt hat er nicht genommen. In einem Brief erklärte er, ihm hätten mindestens zwei Jahre Vorbereitungszeit zugestanden. Er soll sich in der kommenden Woche äußern können.

Anklage wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Zum Prozessauftakt waren rund 160 Überlebende des Bosnien-Kriegs (1992-1995) nach Den Haag gereist. "Wir wollen Europa und der Welt zeigen, dass wir immer noch da sind, nach der Wahrheit suchen und auf Gerechtigkeit warten», sagte Munira Subasic, die eine Organisation von Überlebenden des Massakers von Srebrenica leitet, am Wochenende der Nachrichtenagentur FENA. Im Juli 1995 waren in Srebrenica mehr als 7000 muslimische Männer und Jungen getötet worden, Subasic verlor ihren Mann und ihren Sohn.

Das Massaker steht im Zentrum der Anklageschrift gegen Karadzic, die insgesamt elf Punkte umfasst. Neben Völkermord und Kriegsverbrechen muss sich Karadzic vor dem Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien auch wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs verantworten. Die Klagen beziehen sich unter anderem auf die mehrjährige Belagerung der bosnischen Hauptstadt Sarajevo, während der rund 10. 000 Menschen ums Leben kamen, und auf das Massaker in Srebrenica. Karadzic war im Juli 2008 nach einem 13 Jahre langen Versteckspiel in Belgrad gefasst worden.

Karadzic plädiert auf unschuldig. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.

In der Vergangenheit boykottierten wiederholt Angeklagte ihren Prozess in Den Haag, jedoch ohne das Gericht vorher darüber zu informieren. Im Fall des Ultranationalisten Vojislav Seselj, der 2006 nicht zu seinem Prozessauftakt erschien, wurde etwa zunächst ein Pflichtverteidiger eingesetzt, den Seselj jedoch ablehnte. Der Prozess wurde schließlich um mehr als ein Jahr verschoben. (ap/afp)