Mainz. Der Wahlkampf zwischen Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier dümpelt dahin. Umso mehr Aufmerksamkeit erregt politischer Protest, wenn er anarchisch-ironisch daherkommt. Flashmobs, wie sie jetzt vom Verein "Campact" gegen Kernenergie organisiert werden, erfreuen sich wachsendem Zulauf.

Wahrscheinlich freute sich Angela Merkel über die vielen Plakate, die ihr beim Wahlkampfauftritt am Montagabend in Mainz entgegengehalten wurden. 5000 Menschen hatten sich auf dem Domplatz versammelt, um der Kanzlerin zuzuhören, rund 150 von ihnen hatten Plakate dabei. Mit der Freude war es vorbei, als die Plakatträger den kompletten Inhalt ihrer Transparente offenlegten: "Schwarz-gelb: Atommüll, nein danke!" war dort zu lesen.

Die Aktion war ein organisierter Flashmob des Vereins "Campact", der sich für verschiedene politische Ziele wie den Atomausstieg oder die Abschaffung von Softwarepatenten einsetzt. Sie hatten kurz zuvor im Internet zum Flashmob aufgerufen. "CDU und FDP wollen das Thema Atomausstieg im Wahlkampf kleinhalten", erklärt Campact-Sprecher Christoph Bautz, "dabei sind inzwischen zwei Drittel der Bevölkerung für den Ausstieg."

Vergangenen Freitag hatte es einen ersten Flashmob bei einem Auftritt der Kanzlerin in Hamburg unter dem Motto «Und alle so Yeah» gegeben. Aktivisten hatten dabei die Merkel-Rede immer wieder durch "Yeah"-Zwischenrufe unterbrochen. Das Motto hatten die Störer von einem Wahlkampfplakat der Kanzlerin genommen, das mit dem Zusatz verziert worden war. Das Plakat wird jetzt beim Internetauktionshaus Ebay versteigert. Der Erlös soll, so der Verkäufer, einem gemeinnützigen Zweck zukommen. Campact-Sprecher Baust distanzierte sich von der Aktion: "Das waren wir nicht. Einfaches Dazwischenrufen ist nicht unser Stil."

Im Gegensatz zu Hamburg ging Merkel bei der Mainzer Veranstaltung aber auf die Protestler ein. «Es kann ja nicht schaden, wenn man noch mehr kann, als nach jedem Satz 'Yeah' zu schreien», sagte sie mitten in ihrer Passage über Bildungspolitik.

Campact kündigte an, kurz vor der Bundestagswahl Anzeigen in überregionalen Tageszeitungen schalten zu wollen. Nach der Wahl steigt die nächste Aktion in Berlin: Mit einem "Warmlaufen", einem Flashmob in Sportklamotten, wollen die Campact-Anhänger die Parteien an ihre Versprechen zum Atomausstieg erinnern. (mit ddp-Material)