Berlin. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wehrt sich gegen Berichte, wonach er während seiner letzten beiden Amtsjahre über 500.000 Euro für Spesen ausgegeben hat. Der Haushaltsausschuss befasst sich heute zudem mit Vorwürfen gegen drei Regierungspolitiker, unter ihnen Kanzlerin Merkel (CDU).

Ein im Kanzleramt ausgerichtetes Abendessen für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im April 2008 ist heute unter anderem Thema im Haushaltsauschuss des Bundestages. SPD-Politiker fordern eine Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel. Im Ausschuss wird ihr Staatsminister Hermann Gröhe (CDU) sprechen. Die Union vermutet eine Retourkutsche für die Dienstwagenaffäre von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).

Laut Medienberichten hat auch der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) häufig zum Mahl ins Kanzleramt geladen und in seinen letzten beiden Amtsjahren rund 533.000 Euro für Spesen ausgegeben. Das berichtete die "Bild"-Zeitung am Mittwoch unter Berufung auf ihr vorliegende Spesenlisten Schröders.

Schröder weist Vorwürfe zurück

Gerhard Schroeder (SPD) soll während seiner letzten beiden Jahre als Bundeskanzler rund 533.000 Euro für Spesen ausgegeben haben. Foto: ddp
Gerhard Schroeder (SPD) soll während seiner letzten beiden Jahre als Bundeskanzler rund 533.000 Euro für Spesen ausgegeben haben. Foto: ddp © ddp

Altkanzler Gerhard Schröder hat den Bericht zurückgewiesen. «Selbstverständlich» habe er das nicht getan, erklärte Schröder am Mittwoch in Berlin. Bei den zitierten Zahlen handele es sich um Ausgaben, wie sie im Bundeshaushalt veranschlagt worden seien. Die «Bild»-Zeitung hatte sich auf ihr vorliegende Spesenlisten Schröders berufen.

Schröder erklärte, aus dem Mittelansatz im Bundeshaushalt dürften «auch Ausgaben für die Bewirtung mit Erfrischungen bei Besprechungen im Bundeskanzleramt geleistet werden». Es dürften auch Ausgaben für repräsentative Verpflichtungen, die der Chef des Bundeskanzleramtes und auch andere Angehörige des Bundeskanzleramtes für die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler wahrnehmen, geleistet werden.

Rechtliche Schritte angedroht

Er habe einen Anwalt mit der «Prüfung und Vorbereitung rechtlicher Maßnahmen» gegen die «Bild»-Zeitung beauftragt, erklärte Schröder. «Den Chef des Bundeskanzleramtes werde ich bitten, meinem Rechtsanwalt Einsicht in die angeblichen Bewirtungsspesen, die in der 'Bild'-Zeitung aufgeführt sind, zu gewähren.»

Demnach gab das Kanzleramt im Jahr 2004 rund 313.000 Euro für Spesen aus und 2005 weitere 220.000 Euro. In den meisten Fällen sei für die «Bewirtung von Gästen aus Veranlassung des Bundeskanzlers» oder für die «Beschaffung von Lebensmitteln» für die Kanzleramtsküche zur Bewirtung der Gäste gezahlt worden, berichtete die «Bild»-Zeitung.

Die pro Kopf teuersten Bewirtungs-Spesen verzeichnet die Liste dem Bericht zufolge bei Schröders Auslandsreisen. So seien am 19. Januar 2004 insgesamt 6.150,32 Euro aus dem Kanzler-Etat für die Bewirtung von 19 Personen ausgegeben worden, das entspricht 324 Euro pro Kopf. An diesem Tag hielt sich der SPD-Politiker in Äthiopien auf. Am 4. Mai 2005 sind demnach für eine Bewirtung von drei Gästen Spesen von 1.059 Euro verzeichnet. An diesem Tag war Schröder in der Türkei.

Meist Uhren und Blumen als Gastgeschenke

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht wegen eines Abendessens für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann in der Kritik.
Foto: ap
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht wegen eines Abendessens für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann in der Kritik. Foto: ap © AP

Außerdem enthält die Spesen-Liste dem Bericht zufolge auch die Ausgaben für Gastgeschenke Schröders. Dabei habe es sich meist um Blumen gehandelt. Es seien aber auch Uhren für 455 Euro angeschafft worden und kurz vor der Bundestagswahl 2005 «mehrere Füllfederhalter incl. Gravur und Tintengläser» für 1.317 Euro.

Mögliche Verfehlungen der aktuellen Bundesregierung stehen heute auf der Tagesordnung des Haushaltsausschusses des Bundestags. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) muss den Abgeordneten ab 14.30 Uhr zur Nutzung ihrer Dienstlimousine im Spanien-Urlaub Rede und Antwort stehen. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird zu seinen kostspieligen Aufträgen an die Anwaltskanzlei Linklaters befragt, die ihm ein Gesetz ausgearbeitet hat. Drittes Thema ist ein Abendessen im Kanzleramt für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im April 2008. Die Umstände erläutert Merkels Staatsminister Hermann Gröhe (CDU).

Merkel verteidigt Ackermann-Einladung

Die Kanzlerin hat indessen das umstrittene Abendessen mit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann verteidigt. Es habe «im Umfeld» des 60. Geburtstages von Ackermann ein Abendessen im Kanzleramt zwischen Vertretern der Wirtschaft, Kultur, Forschung und Bildung gegeben, sagte Merkel am Mittwoch im Interview von N24/Sat.1. Das Abendessen sei jedoch «keine Geburtstagsfeier» für Ackermann gewesen, stellte Merkel klar. Sie versuche mit einer solchen Einladung, Gruppen zusammenzuführen, die sonst nicht zusammenkommen.

Merkel äußerte Verständnis für die «Nachfragen». Sie wisse, «dass viele Menschen darauf schauen, dass es nicht zu viel Nähe der Politik" zu einzelnen Akteuren der Wirtschaft gebe. Da gelte es, «sensibel» zu sein. Sie achte jedoch darauf, dass «diese Distanz gewahrt» bleibe. So habe sie zu Herrn Ackermann auch schon sehr «kritische Anmerkungen» gemacht, sagte Merkel weiter. Man werde im Haushaltsausschuss umfassenden Bericht erstatten und das Informationsbedürfnis der Abgeordneten befriedigen, betonte die Bundeskanzlerin.

FDP und SPD schießen gegen Merkel

Der Chef des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), verlangte vorab im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP umfassende Aufklärung. Der Haushaltsausschuss sei zwar keine Staatsanwaltschaft und kein Gericht. Aber er habe die Aufgabe, in allen drei Fällen die Tatsachen herauszufinden.

SPD-Generalsekretaer Hubertus Heil unterstellt Angela Merkel einen
SPD-Generalsekretaer Hubertus Heil unterstellt Angela Merkel einen "konservativen Freundeskreis". Das mag nicht völlig überraschend kommen bei CDU-Frau Merkel. Foto: ddp © ddp

Zur Geburtstagsfeier für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im Kanzleramt verlangten sozialdemokratische Politiker am Dienstag eine Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, öffentlich Stellung zu dem umstritten Abendessen mit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im vergangenen Jahr zu beziehen. Zwar solle man das Thema «nicht zu hoch hängen», sagte Heil der NRZ. Gleichwohl solle Merkel «nicht ständig ihre Sprecher vorschicken», sondern müsse selbst «deutlich sagen, was da gelaufen ist».

Die Union vermutet eine Retourkutsche

Ihm scheine diese «vom Steuerzahler finanzierte» Geburtstagsfeier von einer «persönlichen Nähe» Merkels zu Ackermann zu zeugen, sagte Heil. Auch die Gästeliste aus Finanzwelt und Medien deute auf einen konservativen Freundeskreis hin.

Ackermann hatte kürzlich im ZDF berichtet, die Kanzlerin habe ihm damals angeboten, 30 Gäste ins Kanzleramt einzuladen. Laut Recherchen des ARD-Politmagazins «Report Mainz» wurde für diesen Anlass allein externes Servicepersonal für rund 2100 Euro engagiert. Die genauen Kosten des Abendessens konnten laut Bericht nicht ermittelt werden. Das Kanzleramt hatte bereits im April auf eine Anfrage mitgeteilt, dass Merkel den Geburtstag Ackermanns zum Anlass genommen habe, ein Abendessen mit Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft auszurichten. Die Union vermutet hingegen eine Retourkutsche für die Dienstwagenaffäre von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).

Zypries fordert Quellenangabe für Gesetze

Im Zusammenhang mit der Vergabe von Gesetzesentwürfen an die Anwaltskanzlei Linklaters fordert Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) nun eine Kennzeichnungspflicht. Foto: ap
Im Zusammenhang mit der Vergabe von Gesetzesentwürfen an die Anwaltskanzlei Linklaters fordert Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) nun eine Kennzeichnungspflicht. Foto: ap © AP

In der Debatte um externe Regierungsberatung, die ebenfalls auf der Tagesordnung im Ausschuss steht, hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries eine Kennzeichnungspflicht für betroffene Gesetze und ein umfassendes Lobbyisten-Register beim Bundestag gefordert. «Wir brauchen mehr Transparenz im Gesetzgebungsprozess. Auf dem Vorblatt von Gesetzentwürfen sollte in Zukunft für jeden nachvollziehbar offengelegt werden, welche externen Berater an der Erarbeitung beteiligt waren und - sofern rechtlich zulässig - welches Honorar gezahlt wurde», sagte die SPD-Politikerin der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Dies ließe sich direkt nach der Bundestagswahl in der Geschäftsordnung der neuen Bundesregierung festschreiben.

Zypries hält zudem ein umfassendes Lobbyisten-Register beim Bundestag für notwendig: «Es muss transparenter werden, welche Verbände, Agenturen, Unternehmen oder Kanzleien Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen», verlangte sie. Alle Lobby-Organisationen, deren Geldgeber, Kunden und Gesetzesthemen gehörten in ein aussagefähiges Register: «Nur so lassen sich mögliche Verquickungen und Interessenkollisionen frühzeitig erkennen.»

Die externen Berater der Kanzlei Linklaters hatten im Auftrag des Ministeriums das Gesetz zur staatlichen Zwangsverwaltung maroder Banken ausgearbeitet. (ap/ddp)