Kabul. Die NATO und die Regierung in Afghanistan suchen eine Annäherung an gemäßigte Taliban. Präsident Karsai zeigt sich offen für Gespräche. Der britische Außenminister Miliband fordert ein Ausstiegsprogramm für gemäßigte Taliban. Offensive im Norden verlaufe erfolgreich.

Die NATO und die Regierung in Kabul senden knapp vier Wochen vor der Präsidentenwahl in Afghanistan Friedenssignale in Richtung Taliban aus. Präsident Hamid Karsai sagte der Nachrichtenagentur AP am Montag, er sei zu Gesprächen mit Taliban-Anführern bereit, die öffentlich der Gewalt abschwören. Der britische Außenminister David Miliband forderte ein Ausstiegsprogramm für gemäßigte Taliban. Ein Sprecher der Fundamentalisten, Kari Jussef Ahmadi, wies dies jedoch zurück.

Es werde keine Gespräche mit einer Regierung geben, die ausländischen Mächten diene, sagte Ahmadi. Derweil wurden jedoch bereits Fakten geschaffen: Die Regierung und ein Taliban-Kommandeur einigten sich nach offiziellen Angaben auf einen Waffenstillstand. Das Abkommen bezieht sich auf den Bezirk Bala Morghab in der nordwestlichen Provinz Badghis. Ein Sprecher Karsais erklärte, die Regierung strebe ähnliche Übereinkünfte auch für andere Landesteile an. Ahmadi hingegen bestritt den Abschluss eines Abkommens und sprach von Regierungspropaganda.

Karsai betonte indes, dass er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bereit sei, über die zentrale Forderung der Taliban nach einem Abzug der ausländischen Truppen zu verhandeln. Die Anwesenheit der internationalen Streitkräfte liege im Interesse des afghanischen Volkes, sagte er. Der Präsident verlangte aber einen «neuen Vertrag» mit den ausländischen Truppen, um die Zahl der zivilen Opfer zu senken, die Razzien in Privathäusern zu stoppen und willkürliche Festnahmen zu beenden.

Miliband fordert gerechte Lastenteilung mit NATO-Partnern

Die US-Streitkräfte in Afghanistan werden künftig keine Angaben zur Zahl getöteter Aufständischer mehr machen. Dies lenke vom Ziel ab, die afghanische Bevölkerung zu schützen, sagte Militärsprecher Greg Julian. Diese Entscheidung gehe auf den neuen Oberkommandierenden der US-Streitkräfte in Afghanistan zurück, General Stanley McChristal. Im vergangenen Jahr wurden nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP knapp 3.800 Aufständische getötet, in diesem Jahr waren es bereits 2.310.

Der britische Außenminister Miliband erklärte unterdessen in einer Rede im NATO-Hauptquartier in Brüssel, in den Reihen der Aufständischen in Afghanistan gebe es neben dem «kompromisslosen Kern» auch Menschen, «die zu den Waffen griffen, weil sie dazu gezwungen oder dafür bezahlt wurden. Diese Afghanen müssen die Möglichkeit erhalten, einen anderen Weg zu wählen.» Nötig seien konkrete Initiativen, um Aufständischen alternative Einnahmequellen zu bieten, sagte der Außenminister.

Premierminister Gordon Brown erklärte in London, eine Offensive der britischen Truppen in der Provinz Helmand gegen die Taliban sei ein großer Erfolg gewesen. Die Kämpfer der Taliban wurden aus dem Bereich zwischen der Provinzhauptstadt Laschkar Gah und der Stadt Gereschk vertrieben. Rund 500 Kämpfer seien tot, geflüchtet oder hätten die Waffen niedergelegt, sagte der britische Oberkommandierende Tim Radford per Videokonferenz.

Der Gouverneur der Provinz Kundus äußerte sich derweil zufrieden über den Verlauf der Großoffensive im Norden Afghanistans, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist. «Wir waren erfolgreich und sind gut vorangekommen», sagte Mohammad Omar dem ARD-Hörfunkstudio Südasien zufolge. «Die Deutschen spielen neben den afghanischen Sicherheitskräften eine aktive Rolle», sagte Omar. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums nehmen rund 300 deutsche Soldaten daran teil. (ap)