Düsseldorf. . SPD-Parteispitze hat Pläne für neue Wahlmöglichkeiten an Gymnasien vorgestellt. Zeitpunkt der Umsetzung unklar. Kritik am grünen Koalitionspartner.
Die NRW-SPD will Schülern an allen Gymnasien künftig eine Wahlfreiheit zwischen dem Abitur nach 12 oder 13 Jahren einräumen. Das sieht der Leitantrag zum Landesparteitag am 24. September in Bochum vor, den die stellvertretenden Parteivorsitzenden Jochen Ott und Marc Herter am Freitag im Detail vorstellten.
Sekundarstufe I
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Die Sekundarstufe I soll wieder sechs Jahre umfassen und mit Klasse zehn abschließen. Bislang umfasst die Sekundarstufe I in NRW nur fünf Jahre, was in den Klassen 5 bis 9 zu einer starken Verdichtung des Lernstoffs gerade für jüngere Kinder führt. Wer nach Klasse 10 das Gymnasium verlassen möchte, hätte wieder wie beim alten G9 einen Schulabschluss und könnte eine Lehrstelle antreten.
Oberstufe
Im Regelfall soll die Oberstufe künftig nur noch die Jahrgänge 11 und 12 umfassen. Bislang erstreckt sich die Oberstufe auf die Jahrgänge 10, 11 und 12. „G8“ bliebe also für leistungsstärkere Schüler, die nach sechs Jahren in der Sekundarstufe 1 sofort ins Kurssystem der Oberstufe springen wollen, die erste Option. „Jeder, der G8 machen will, soll das Angebot weiter bekommen“, stellte SPD-Vize Herter klar.
Orientierungsjahr
Zwischen die Sekundarstufe I (6 Jahre) und die Oberstufe (2 Jahre) will die SPD wie beim alten G9 wahlweise ein „Orientierungsjahr“ schalten. Wer von der Realschule zum Gymnasium wechselt, muss das zusätzliche Orientierungsjahr durchlaufen. Wer langsamer lernt oder ein Auslandsjahr absolvieren möchte, kann das Orientierungsjahr freiwillig belegen und somit auch erst nach 13 Jahren das Abitur bauen. „Ziel ist es, an jedem Gymnasium die Wahl zwischen G8 und G9 anzubieten“, sagte Ott.
Rechtsrahmen
Anders als von Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) lange dargestellt, ist nach Einschätzung der NRW-SPD der Umbau des Gymnasiums von heute fünf Jahren Sekundarstufe I und drei Jahren Oberstufe (5 plus 3) zu demnächst sechs Jahren Sekundarstufe I und zwei bzw. drei Jahren Oberstufe (6 plus 2 bzw. 6 plus 1 plus 2) rechtlich kein Problem. Die Vorgaben der Kultusministerkonferenz von 2008 ließen eine andere Aufteilung der Oberstufen-Lernstunden ausdrücklich zu, um jüngere Kinder zu entlasten, sagte Herter. Der Trick: Die Klasse 10 bekommt eine Doppelfunktion als Abschlussjahrgang der Sekundarstufe I und als Orientierungsstufe der Sekundarstufe II.
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Lehrerstellen
Laut NRW-SPD sind die Folgen des G8/G9-Wahlmodells für die Verteilung von Lehrerstellen an den über 630 Gymnasien noch nicht absehbar. Niemand könne voraussagen, wieviele Kinder sich für das zusätzliche Orientierungsjahr entschieden. Nach den SPD-Überlegungen muss es pro Schule eine Mindestschülerzahl für das Orientierungsjahr geben, damit sich der G9-Zweig organisieren lässt. Vorstellbar seien auch „Spezialistenschulen“, so Herter, die sich das Orientierungsjahr explizit ins Profil des Gymnasiums schrieben.
Umsetzung
Wenn der Landesparteitag den Leitantrag erwartungsgemäß am 24. September beschließt, soll das „G8 Flexi“ ins SPD-Wahlprogramm 2017 aufgenommen werden. Parallel wollen die SPD-Schulpolitiker die Ideen bei einem „Runden Tisch“ Ende Oktober im Schulministerium mit Interessenvertretungen von Eltern und Lehrern vortragen. Eine Umsetzung zum Schuljahr 2017/18 ist ausgeschlossen. Über Inhalte und Zeitplan einer G8-Reform entscheidet nach dem 14. Mai 2017 die neue Regierungskoalition.
Rot-grüner Gegensatz
Erstmals nach mehr als sechs gemeinsamen Regierungsjahren grenzt sich die SPD mit dem Modell „G8 Flexi“ deutlich in der Schulpolitik von den Grünen ab. Schulministerin Sylvia Löhrmann wird harsch kritisiert für ihre jüngste Idee einer individuellen Schulzeit für jeden einzelnen Schülern an allen Schulformen in NRW. „Wir wollen keine Experimente, sondern einen schlanken und klaren Umbau“, sagte SPD-Vize Ott und fügte spitz Richtung Koalitionspartner hinzu: „Welche Vorschläge andere machen, müssen sie selbst erklären.“