Düsseldorf. . Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sagt, NRW müsse mehr tun, um die Bevölkerung vor Einbrechern zu schützen. Vorbild sei Bayern.

Mehr als 62.000 Einbrüche wurden im vergangenen Jahr in NRW angezeigt. 3670 waren es landesweit allein im Juni, wie das Innenministerium mitteilte. Aber die Zahl der Menschen, die von diesen Taten persönlich berührt sind, die sei um ein Vielfaches höher, sagt Sebastian Fiedler, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Freunde, Nachbarn und Verwandte der Opfer seien ja gleich mit betroffen. Jeder Einbruch, vermutet Fiedler, verunsichere 20 bis 50 Menschen, die die Opfer kennen.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) versichert, das Thema Einbruchkriminalität habe „hohe Priorität“. Das Land setzt unter anderem auf Aufklärung (Kampagne „Riegel vor“) und auf Vorbeugung. Ein neues „Einbruchsradar“ zeigt im Internet die Lage der Tatorte aus der Vorwoche.

Einbruchsradar sei sinnlos

Sebastian Fiedler findet das total sinnlos:„Ich habe bis heute nicht verstanden, was ein Einbruchsradar bringen soll. Einbrecher fangen wir damit nicht. Sollen sich die Täter im Internet anschauen können, wo sie schon waren und wo noch nicht?“ Den Ruf von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach eilig ausgebildeten „Hilfspolizisten“ hält Fiedler gar für eine „Lachnummer“. Der Staat lasse die Bürger bei Einbrüchen im Stich. Dabei sei dies kein Phänomen, mit dem man sich einfach so abfinden müsse.

Mit mehr speziell ausgebildeten Polizisten könne es gelingen, Einbrecher zu bekämpfen, meint der Gewerkschafter. Die Zahl der Ermittlungskommissionen und der für Einbruchkriminalität qualifizierten Beamten müsse in NRW deutlich steigen. Andere Länder hätten den Wert solcher Spezialisten längst erkannt: „Es stimmt ja nicht, wenn gesagt wird, viele Einbrüche gebe es überall. Bayern und Baden-Württemberg haben zum Beispiel rückläufige Zahlen. Die Polizeidichte ist dort größer, dort arbeiten spezielle Ermittlungskommissionen, und deshalb werden dort mehr Täter gefasst.“

700 Beamte in Ermittlungskommissionen bräuchte NRW, rechnet der Gewerkschafter vor. Davon sei man aber weit entfernt. Insgesamt fehlten der Kriminalpolizei in NRW sogar 2000 Beamte. Im München müsse ein Beamter nur halb so viele Kriminalfälle bearbeiten wie ein Kollege in Köln, Hamburg oder Berlin. „Die Münchner Kollegen haben also mehr Zeit für die Aufklärung von Straftaten“, sagt Fiedler. „Das zeigt sich auch darin, dass einer Aufklärungsquote in Köln von 44 Prozent eine Aufklärung in München von 64 Prozent gegenübersteht.“

Täter wägen Risiken genau ab

„Abschreckung ist möglich“, versichert der Kripo-Experte. „Für die Einbrecher ist Deutschland ein ,Wirtschaftsraum’, in dem sie zur Arbeit gehen. Wir wissen durch Telefonüberwachung, dass diese Täter Chancen und Risiken sehr genau abwägen. Dort, wo die Entdeckungswahrscheinlichkeit hoch ist und harte Sanktionen drohen, ziehen sie sich zurück.“ Im Moment sei dieser „Wirtschaftsraum“ für die Gauner sehr lukrativ, weil sie wenig zu befürchten hätten. Fiedler: „Wir entdecken ja nur 13 Prozent der Täter, und verurteilt werden ein bis zwei Prozent der Einbrecher.“

Das Argument, es handele sich um „reisende Täter“, die schwer zu fassen sind, ist nach Einschätzung von Fiedler bloß eine Ausrede für die schlechten Zahlen. „Wenn man uns genug Leute gibt, können wir diese Täter fassen. Die Profi-Einbrecher sind nicht ständig auf Reisen. Sie haben Stützpunkte, sie mieten Wohnungen, sie haben Adressen. Von dort aus fahren sie in einer Nacht bis zu 400 Kilometer.“

Viel wäre gewonnen, wenn es gelänge, den Banden die Arbeit zu „verteuern“. Heißt: „Beute abnehmen und Haftstrafen verhängen.“ Das Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zur Vermögensabschöpfung von Straftätern sei von enormer Bedeutung.