Ruhrgebiet. . Neue Umweltzonen würden stark belastete Straßenzüge entlasten. Doch Umsetzung im Ruhrgebiet ist umstritten. Städte befürchten Verkehrsprobleme.

Der Teufel steckt im Nebensatz. In Umweltzonen sei der Feinstaub um zehn bis zwölf Prozent zurückgegangen, schreibt das Umweltbundesamt, „auch Stickstoffdioxid (NO2) ging ­zurück, aber weniger als erwartet“. Neue Umweltzonen sollen den Städten daher helfen, verschärfte Fahrverbote für Autos durchzu­setzen, die zu viel NO2 ausstoßen – Dieselfahrzeuge vor allem.

Ob das so kommt?

Auf die Dauer: ja. Das Bundesumweltministerium erarbeitet noch in diesem Jahr eine entsprechende Emissionsschutz-Verordnung. Es soll aber den Städten überlassen bleiben, ob sie sie auch anwenden. Das Umweltministerium NRW hält es für „eher unwahrscheinlich“, dass solche Zonen noch in diesem Jahr ausgewiesen werden.

Was sagen die Städte?

Unterschiedlich. Bottrop oder ­Velbert sehen keinen Handlungsbedarf. Ähnlich Duisburg: Man ­habe keine großflächigen Grenzwertüberschreitungen. Witten und Gelsenkirchen sehen bei Sper­rungen riesige Verkehrsprobleme auf sich zukommen.

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Auch an der Messstelle in Oberhausen wird der NO2-Grenzwert regelmäßig überschritten. Mittelfristig drohen ­Bußgelder aus Brüssel – und ­Klagen von Umweltverbänden.

Welche Fahrzeuge dürften noch in diese Zonen?

Sie müssen beim Stickstoffdioxid-Ausstoß der Abgasnorm Euro 6 ­entsprechen, die seit September 2015 gilt. Das sind bisher vier Millionen von 45 Millionen Autos, die heute die vorgesehene, neue blaue Plakette („NOX-Plakette“) bekämen. Die bisherige Norm Euro 5 erfüllen 90 Prozent der Autos. Sie haben die grüne Plakette.

Warum das Thema jetzt?

Es ist eine Folge des Abgas­skandals: Viele Dieselfahrzeuge ­erfüllen Euro 6 auf dem Prüfstand, aber nicht auf der Straße. Das soll sich ändern. Benziner sind praktisch nicht betroffen.

Was bringen diese Abgas-Normen überhaupt?

Sehr viel, weil sie die Autoher­steller zu Fortschritten zwingen. Euro 1 von 1993 für Diesel erlaubte noch den Ausstoß von 3160 Milligramm Kohlenstoffmonoxid pro Kilometer – heute sind bei ­Neuwagen 500 Milligramm erlaubt. Der entsprechende gemeinsame Wert für Kohlenwasserstoff und Stickoxide lag damals bei 1130 – heute für Neuwagen bei 170.

Entsprechen die neuen Zonen den alten?

Das weiß noch niemand. Eine Sprecherin der Stadt Wuppertal ­erklärte im WDR, man könne einfach die bisherigen Schilder um blaue Aufkleber ergänzen. Wuppertal hat sehr schlechte NO2-Werte, ebenso wie Dortmund, Düsseldorf oder Köln.

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Der ADAC erwartet dagegen innerhalb von Städten sehr kleine ­Umweltzonen nur an bestimmten Straßenzügen und Messpunkten. Es gehe um NO2-Begrenzung an „Brennpunkten“.

Apropos ADAC . . .

Er ist dagegen. Es gebe technische Lösungen für Autos, um den Schadstoffausstoß entsprechend Euro 6 zu senken. „Das Aus­sperren von Leuten wird der Sache nicht gerecht“, sagt Peter Meintz, Sprecher des ADAC Westfalen.

Was kosten Verstöße?

Wer heute ohne grüne Plakette in eine Umweltzone fährt, zahlt 80 Euro Bußgeld. Punkte in Flensburg gibt es nicht mehr.

Was ist die Strategie, um den Straßenverkehr sauberer zu machen?

Die Umweltzonen nur für ­schadstoffärmste Autos seien „ein Symptomkurieren, wo es anders nicht geht“, so Staatssekretär ­Jochen Flasbarth aus dem SPD- ­geführten Bundesumweltministerium. Die langfristige Strategie sei es aber, emissionsarme Autos zu fördern. Mit Betonung auf lang­fristig: Von den 2015 in Deutschland angemeldeten Autos waren 50,3 Prozent Benziner und 48 Prozent Dieselwagen – alternative ­Antriebe: 1,7 Prozent.