Essen. . Elf Jahre war Uli Paetzel Bürgermeister von Herten. Nun verantwortet er als Chef der Emscher-Lippe das größte Strukturwandelprojekt der Region.
Das Hertener Fohlen, Wahrzeichen des dortigen Rathauses, steht nun auf dem wohl wichtigsten Schreibtisch der deutschen Wasserwirtschaft. Ein Foto der Zeche Ewald ziert eine Wand des Büros, eine künstlerisch angedeutete Halde Hoheward die andere – der neue Chef von Emschergenossenschaft und Lippeverband deutet nicht nur an, wo seine Wurzeln liegen. Uli Paetzel, bis Februar noch Bürgermeister der 62 000-Einwohner-Gemeinde Herten, hat seine Heimatstadt verlassen, um den Umbau von Emscher und Lippe zu verantworten – ein Projekt, das das Ruhrgebiet tiefgreifend verändert.
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„Ich habe ein paar Monate gebraucht bis ich den Abschied emotional für mich klar hatte“, sagt Paetzel. „Als ich dann Stück für Stück die Übergabe gemacht hatte, fiel es mir leicht.“ In Herten hätten die meisten ihn wohl gern gehalten: Polizistensohn, Doktor der Soziologie und Dozent an der Uni Bochum, Marketingleiter der Softwarefirma Prosoz, bekannt durch die Software zur Verarbeitung von Hartz-IV-Anträgen für Städte. Tischtennis-Vereinsspieler und Frankreichkenner, Hobbykoch und Jazzfan, mit zwanzig in die SPD eingetreten. 32 Jahre war Paetzel, als er Bürgermeister wurde.
Er gilt als Sympathieträger über Parteigrenzen hinweg. Und zweimal wählten ihn rund zwei Drittel der Bürger wieder. Kritiker sagen, er habe Herten auch nicht groß voran gebracht: Die städtische Verschuldung pro Einwohner ist eine der höchsten im Lande. Die Ewaldstraße im Süden zum Beispiel verfällt sichtbar. Andererseits gestaltete Paetzel die Entwicklung der ehemaligen Zeche Ewald erfolgreich, sanierte Schulen und Kitas und regte in Herten eine breite Bürgerbeteiligung an, etwa im Ehrenamt.
Regierungspräsident war ein mögliches Ziel
Nach elfeinhalb Jahren im Amt, mit Anfang vierzig, stellt man sich wohl die Frage: „Mensch, wie geht es weiter?“ Regierungspräsident werden? Paetzel war dafür im Gespräch, aber wohl in der falschen Partei. Anfang vergangenen Jahres kam schließlich die Frage, ob er sich nicht bewerben wolle auf die Nachfolge von Jochen Stemplewski, der die zwei Verbände wirtschaftlich in hervorragendem Zustand hinterlassen hat. Die großen Entscheidungen sind längst gefallen, in vier Jahren soll die Emscher sauber fließen, ein neuer Fluss – was kann da noch schiefgehen?
„Es werden noch viele Stolpersteine kommen“, sagt Paetzel. Hier fehlen Genehmigungen, dort drohen europaweite Verschärfungen für den Umgang mit Spurenstoffen im Wasser, und seit Wochen schon ruht die größte Baustelle der Emschergenossenschaft. Paetzels Baustelle nun, der Hauptkanal zwischen Dortmund und Bottrop, weil die Firma Wayss & Freytag mehr Geld fordert. Hier läuft ein Schlichtungsverfahren. Und wer weiß schon, wo nach dem Borbecker Mühlenbach die geschützte Wasserralle erneut auftaucht?
Klar, er muss sich erst einarbeiten. Aber einen Schwerpunkt verrät Paetzel doch: „Es gibt große Herausforderungen im Bereich der Kommunikation.“ Er will die Bürger breiter mitnehmen über „Social Media und Online-Beteiligung“, will Mitarbeiter digital ausrüsten, damit sie mobil Anlagen überwachen können. Und jüngst erst hat die Emschergenossenschaft von Straßen.NRW die Entwässerung eines Teils der A42 übernommen.
Die Emschergenossenschaft erweitert ihr Portfolio
Wenn das gut funktioniert, sollen weitere Autobahnstrecken folgen, sagt Paetzel. Auch die Übernahme oder der Mitbetrieb von kommunalen Kanalnetzen sei denkbar – wenn es im Landeswassergesetz entsprechend geregelt wird. Freilich darf die Emschergenossenschaft aufgrund ihrer Verfasstheit keine Gewinne erzielen wollen. Gegen eine Vermarktung von Wasser und Abwasser hatte sich Paetzels Vorgänger Stemplewski immer stark gemacht – und so will es auch Paetzel halten. Aber natürlich sind die Genossen bestrebt, ihr Portfolio zu erweitern mit Blick auf die Zeit nach dem Flussumbau.