Dresden. Sechs Tage vor der Landtagswahl in Sachsen, hat ein Grünen-Politiker Anzeige gegen die ausländerfeindliche NPD-Wahlwerbung gestellt. Unterdessen stehen auch die demokratischen Parteien in der Kritik: Sie seien mit ihrer Plakatierung gegenüber der NPD viel zu wenig präsent.
Der Anti-Ausländer-Wahlkampf der rechtsextremistischen NPD in Sachsen hat womöglich ein juristisches Nachspiel. Der Dresdner Grünen-Innenpolitiker Johannes Lichdi erstattete am Dienstag wegen der beiden Plakate «Kriminelle Ausländer raus» und «Heimreise statt Einreise» Strafanzeige gegen die NPD. Es bestehe der Verdacht der Kollektivbeleidigung beziehungsweise der Volksverhetzung, erklärte er.
NPD zieht mit Materialschlacht in Wahl
Lichdi betonte, die rassistischen Parolen seien gerade nach dem aus Fremdenhass verübten Mord an einer Ägypterin im Dresdner Landgericht unerträglich. Nach eigenen Angaben entfernte der Landtagsabgeordnete, der in einem Dresdner Wahlkreis als Direktkandidat antritt, zudem mehrere NPD-Plakate vor der Dresdner Synagoge. Er verwies darauf, dass das Anbringen von Wahlplakaten neben religiösen Gebäuden grundsätzlich unzulässig sei.
Die NPD führt in Sachsen einen äußerst materialintensiven Wahlkampf und hat mit landesweit 80.000 Plakaten so viele drucken lassen wie SPD und Grüne zusammen. Die NPD hofft bei der Wahl am Sonntag auf den Wiedereinzug in den sächsischen Landtag. Vor fünf Jahren kam sie auf 9,2 Prozent der Stimmen. In Umfragen liegt sie bei fünf bis sechs Prozent.
"Sträfliche Nachlässigkeit" im Umgang mit NPD
Unterdessen wirft der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt Sachsens Parteien eine "sträfliche Vernachlässigung" bei der Plakatierung vor. Sie überließen der rechtsextremen NPD im Landtagswahlkampf zu sehr die Straße.
Im Gegensatz zur NPD, deren Wahlplakate in manchen ländlichen Regionen ohne Konkurrenz seien, konzentrierten sich die anderen Parteien vorwiegend auf Zentren. So bleibe unwidersprochen, dass die NPD die «unglaublich populäre Floskel 'Wir sind das Volk'» in «unerhörter Weise» für ihre Zwecke missbrauche. Nicht auszuschließen sei, dass dies auch geglaubt werde.
Gefährlich sei die fehlende Präsenz anderer Parteien im Straßenbild auch deshalb, weil sich einige Wähler oft daran orientierten, was die vermeintliche Mehrheit mache: «Wenn manche Wähler das Gefühl haben, bei einer bestimmten Partei die Mehrheit hinter sich zu haben, entscheiden sie sich eher für diese.»
Patzelt vermisst auch eine Reaktion darauf, dass die NPD, die sich die Abwicklung des bundesdeutschen Systems auf die Fahnen schreibe, in ihrem Wahlkampf die schwarz-rot-goldenen Farben verwende anstelle der Reichsfarben Schwarz-Rot-Weiß. «Das ist Etikettenschwindel. Die Partei vergreift sich in der Farbenwahl», sagte er. Schwarz-Rot-Gold stehe für alles, was sich gegen die NPD wende. (ddp/ap)